Was ist das Herbstpaket?
Das von der Europäischen Kommission vorgestellte Herbstpaket bildet den Auftakt zu einem neuen Zyklus des Europäischen Semesters. Die Kommission bietet in einer Reihe von Dokumenten einen allgemeinen Überblick über die sozioökonomische Landschaft und hebt die wichtigsten Prioritäten und Risiken hervor. Sie gibt den EU-Mitgliedstaaten außerdem politische Leitlinien als Hilfestellung zur Erreichung dieser Ziele vor.
Dem Herbstpaket liegt die Herbstprognose zugrunde, in der die Kommission über die wirtschaftlichen Aussichten sowohl der EU als Ganzes als auch der einzelnen Mitgliedstaaten Bericht erstattet.
Bestandteile des Pakets
Das Herbstpaket des Europäischen Semesters umfasst folgende Dokumente:
- den Jahresbericht zum nachhaltigen Wachstum
- die Stellungnahmen zu den Übersichten über die Haushaltsplanung
- den Entwurf der Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets
- den Warnmechanismus-Bericht
- den Vorschlag für einen gemeinsamen Beschäftigungsbericht
Daneben kann das Herbstpaket noch weitere einschlägige Dokumente im Zusammenhang mit dem Europäischen Semester enthalten. Beispielsweise finden sich in früheren Paketen Berichte über die Überwachung nach Abschluss von Anpassungsprogrammen, in denen die Rückzahlungsfähigkeit von Mitgliedstaaten bewertet wird, die von Finanzhilfeprogrammen profitiert haben.
Jahresbericht zum nachhaltigen Wachstum
Im Jahresbericht zum nachhaltigen Wachstum werden die allgemeinen wirtschafts-, arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Prioritäten der Europäischen Union für die kommenden 12 bis 18 Monate nach Einschätzung der Europäischen Kommission dargestellt. In dem Bericht werden Herausforderungen ermittelt und politische Maßnahmen zur Förderung von Wachstum, Integration und Konvergenz innerhalb der EU empfohlen. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, die ermittelten Prioritäten in ihre nationale Wirtschaftspolitik für das bevorstehende Jahr einzubeziehen.
Seit 2020 sind die im Jahresbericht dargestellten Prioritäten entsprechend den vier Aspekten der EU-Agenda für wettbewerbsfähige Nachhaltigkeit gegliedert:
- ökologische Nachhaltigkeit
- Produktivität
- Gerechtigkeit
- makroökonomische Stabilität
Durch diese Leitprinzipien des Europäischen Semesters wird sichergestellt, dass Mensch und Umwelt für die Wirtschaftspolitik an erster Stelle stehen.
Es handelt sich hierbei um eine „Mitteilung“, das heißt ein Dokument, in dem ein Organ der EU seinen Standpunkt zu einem bestimmten Thema darstellt und dessen Adressaten andere europäische Organe sind.
Stellungnahmen zu den Übersichten über die Haushaltsplanung der Euro-Länder
In den Stellungnahmen bewertet die Kommission, inwiefern die Haushaltsplanung der Mitgliedstaaten für das bevorstehende Jahr den EU-Haushaltsregeln entspricht. Dazu gehören auch die länderspezifischen Empfehlungen, die der Rat der Europäischen Union im zurückliegenden Sommer angenommen hat.
Richtungsweisend für die Stellungnahmen sind die Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts (SWP), eines Regelwerks, mit dem solide öffentliche Finanzen in den EU-Ländern sichergestellt werden.
Es gibt drei mögliche Bewertungen für die Haushaltsplanungen. Sie können die Empfehlungen des Rates entweder einhalten, weitgehend einhalten oder Gefahr laufen, sie nicht einzuhalten. Mitgliedstaaten, bei denen die Gefahr der Nichteinhaltung besteht, werden aufgefordert, vor der Festlegung ihres Haushalts die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Bei einer schwerwiegenden Nichterfüllung der Verpflichtungen aus dem SWP kann die Kommission eine Überarbeitung des Haushaltsplans verlangen.
Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets
Im Entwurf der Empfehlung des Rates werden den Euro-Ländern politische Ratschläge zu wichtigen Themen erteilt, die die Funktionsfähigkeit des Euro-Raums insgesamt betreffen. Das können Empfehlungen zu gemeinsamen Prioritäten, makroökonomischen Herausforderungen oder institutionellen Aspekten der Wirtschafts- und Währungsunion sein. Ziel der Empfehlung ist es, die Zusammenarbeit zu verstärken und die Politik des Euro-Raums mit den nationalen Politiken abzustimmen.
Bei dem Dokument handelt es sich um eine „Empfehlung für eine Empfehlung des Rates“, in der die Kommission dem Rat bestimmte Initiativen vorschlägt. Der Entwurf des Vorschlags wird im Rat weiter erörtert, dem es freisteht, ihn zu ändern oder anzunehmen.
Warnmechanismus-Bericht
Im Warnmechanismus-Bericht (WMB) wird die jeweilige makroökonomische Lage aller EU-Mitgliedstaaten untersucht. Er ist der Ausgangspunkt für den jährlichen Zyklus des Verfahrens bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht (MIP), mit dem potenzielle makroökonomische Risiken mit möglichen negativen Auswirkungen auf einen bestimmten Mitgliedstaat oder die EU als Ganzes ermittelt, verhindert und berichtigt werden sollen.
Wird ein hohes Risiko festgestellt, das weiter untersucht werden muss, dann kann die Kommission die Einleitung einer eingehenden Überprüfung des betreffenden Mitgliedstaates beschließen. Darin wird überprüft, ob das makroökonomische Risiko aktuell besteht. Bevorstehende Überprüfungen werden außerdem im WMB angekündigt. Die Ergebnisse der eingehenden Überprüfungen sind Teil des Frühjahrspakets.
Gemeinsamer Beschäftigungsbericht
Im Vorschlag für einen gemeinsamen Beschäftigungsbericht werden die wichtigsten Entwicklungen in den Bereichen Beschäftigung und Soziales sowie die damit zusammenhängenden politischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten untersucht. Darüber hinaus werden im Bericht die Leistungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich des sozialpolitischen Scoreboards der Europäischen Säule sozialer Rechte überprüft.
Beim gemeinsamen Beschäftigungsbericht handelt es sich um einen „Vorschlag für einen gemeinsamen Bericht der Kommission und des Rates“. Der Entwurf des Vorschlags wird im Rat weiter erörtert, dem es freisteht, ihn zu ändern oder anzunehmen.
Nächste Schritte
Nach der Veröffentlichung des Herbstpakets übermittelt die Kommission den anderen EU-Organen und den Mitgliedstaaten die Unterlagen zur weiteren Erörterung:
- Im Dezember bespricht die Eurogruppe die Stellungnahmen zu den Übersichten über die Haushaltsplanung. Die Mitgliedstaaten verabschieden ihre nationalen Haushalte für das Folgejahr unter Berücksichtigung sowohl der Stellungnahmen der Kommission als auch der Beratungen der Eurogruppe.
- Zwischen Januar und Februar erörtert der Rat Schlussfolgerungen zum Jahresbericht zum nachhaltigen Wachstum und zum Warnmechanismus-Bericht und nimmt sie an. Er billigt – nach möglichen Änderungen – auch den Entwurf der Empfehlung des Rates für das Euro-Währungsgebiet, der anschließend dem Europäischen Rat vorgelegt wird. Das Europäische Parlament erörtert ebenfalls den Jahresbericht zum nachhaltigen Wachstum und hat die Möglichkeit, einen Initiativbericht zu veröffentlichen.
- Im März nimmt der Rat den gemeinsamen Beschäftigungsbericht mit Schlussfolgerungen an. Der Europäische Rat erörtert und billigt die ihm übermittelte Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets. Die Kommission stellt ihre haushaltspolitischen Leitlinien für das kommende Jahr vor.
Der Jahresbericht zum nachhaltigen Wachstum, die Empfehlung des Rates und die Leitlinien der Kommission bilden den gemeinsamen Rahmen für die nationalen Strategiepläne, die im April vorgelegt werden müssen.