Überarbeitung der Richtlinie über alternative Streitbeilegung (ADR-Richtlinie)
Am 17. Oktober 2023 nahm die Kommission einen Vorschlag zur Überarbeitung des Rahmens für alternative Streitbeilegung (ADR-Rahmen) an, und zwar durch:
- einen Legislativvorschlag zur Änderung der geltenden ADR-Richtlinie
- einen Legislativvorschlag zur Aufhebung der Verordnung über die Online-Streitbeilegung (ODR-Verordnung)
- eine Empfehlung für Online-Marktplätze und Wirtschaftsverbände in der EU mit Streitbeilegungssystem sowie für die Mitgliedstaaten
Mit der Überarbeitung werden folgende Ziele verfolgt:
- den ADR-Rahmen an die Anforderungen des digitalen Marktes anpassen, indem alle das EU-Verbraucherrecht betreffenden Arten von Streitigkeiten abgedeckt werden
- den Zugang zur alternativen Streitbeilegung bei grenzüberschreitenden Fällen durch den Einsatz digitaler Tools verbessern, Hilfestellung für Verbraucher/innen und Händler leisten
- die alternativen Streitbeilegungsverfahren für alle Beteiligten vereinfachen. Hierzu gehört auch, dass ADR-Stellen weniger melden müssen, und Händler zwar weniger informieren, dafür aber antworten müssen, um stärker in ADR-Verfahren einbezogen zu werden.
- die Online-Streitbeilegungsplattform einstellen und durch benutzerfreundliche digitale Tools ersetzen, die Verbraucher(inne)n ein geeignetes Rechtsschutzinstrument bieten
- Anreize für Online-Marktplätze und EU-Wirtschaftsverbände schaffen, ihre Streitbeilegungssysteme an die Qualitätsanforderungen der ADR-Richtlinie anzupassen
Den Legislativvorschlägen ist Folgendes beigefügt:
- der gemeinsame Bericht aus dem Jahr 2023 über die Anwendung von ADR/ODR gemäß Artikel 26 der ADR-Richtlinie und Artikel 20 der ODR-Verordnung
- eine umfassende Bewertung der Umsetzung der ADR-Richtlinie
- die Folgenabschätzung
Alle Dokumente zur Überarbeitung der ADR-Richtlinie
Verbesserungen | Derzeit geltender ADR-/ODR-Rahmen | Vorgeschlagene Änderungen |
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Den Anwendungsbereich der ADR-Richtlinie ausweiten | Die Richtlinie gilt nur für Streitigkeiten aus Vertragsverpflichtungen zwischen Verbraucher(inne)n mit Wohnsitz in der EU und Händlern mit Sitz in der EU. | Die Richtlinie gilt für alle Verstöße gegen das EU-Verbraucherrecht, z. B. im Zusammenhang mit irreführenden Preisangaben, diskriminierenden Vorgehensweisen, Problemen beim Anbieterwechsel, unterlassener vorvertraglicher Mitteilungspflicht, der Portabilität von Inhalten, Rechtsbehelfen im Zusammenhang mit dem Recht auf Reparatur usw. |
Händler aus Drittländern können freiwillig an ADR-Verfahren teilnehmen. | ||
Die Beteiligung von Händlern an ADR-Verfahren verstärken | Für Händler ist die Teilnahme an ADR-Verfahren freiwillig, sofern dies nicht durch Rechtsvorschriften der EU oder der Mitgliedstaaten vorgeschrieben ist. | Die Teilnahme von Händlern bleibt weiterhin freiwillig. Sie sind jedoch gehalten, innerhalb von 20 Werktagen auf die Anfrage einer ADR-Stelle zu antworten. |
Online-Händler sind nicht mehr verpflichtet, den Link zur ODR-Plattform bzw. eine dafür vorgesehene E-Mail-Adresse bereitzustellen. | ||
Verbraucher/innen bei grenzüberschreitenden und innerstaatlichen ADR-Verfahren gezielt unterstützen | Verbraucher/innen können über die Europäischen Verbraucherzentren, Verbraucherorganisationen oder andere Stellen Unterstützung bei grenzüberschreitenden Fällen der alternativen Streitbeilegung erhalten. | Die Mitgliedstaaten benennen ein Europäisches Verbraucherzentrum, eine Verbraucherorganisation oder eine andere Stelle als ADR-Kontaktstellen. Diese vereinfachen die Kommunikation zwischen den Beteiligten, unterstützen beim Verfahren und stellen Informationen zum EU-Verbraucherrecht im Allgemeinen sowie über die von den ermittelten ADR-Stellen angewandten Verfahrensregeln oder über andere Rechtsbehelfe, wenn eine Streitigkeit nicht durch ein ADR-Verfahren beigelegt werden kann, bereit. |
Alle Akteure, die Verbraucher/innen unterstützen, handeln in gutem Glauben und stellen alle erforderlichen Informationen im Voraus zur Verfügung. | ||
Die Kommission stellt die ODR-Plattform bereit, damit Verbraucher/innen ihre Streitigkeiten mit Händlern beilegen können. | Die ODR-Plattform wird durch ein digitales interaktives Tool, das die Verbraucher/innen zu geeigneten Rechtsschutzlösungen weiterleitet, ersetzt. | |
Schutzbedürftige Verbraucher/innen auf digitalen Märkten schützen | Die Verbraucher/innen können eine Beschwerde und die zugehörigen Unterlagen in nachvollziehbarer Form online einreichen und die Dokumente auf Anfrage auch in nicht-digitalem Format erhalten. | |
Vorgesehen ist die Nutzung digitaler ADR-Verfahren mithilfe leicht zugänglicher und integrativer Tools. | ||
ADR-Verfahren benutzerfreundlicher und transparenter gestalten | Im Falle eines automatisierten Verfahrens können die Beteiligten beantragen, dass das Ergebnis von einer natürlichen Person überprüft wird. | |
Die ADR-Stellen können Fälle mit ähnlichen Sachverhalten bündeln, nachdem sie die Verbraucher/innen darüber informiert und ihnen die Möglichkeit eingeräumt haben, dies abzulehnen. | ||
Die Meldepflichten für ADR-Stellen straffen | ADR-Stellen müssen jährlich detaillierte Tätigkeitsberichte auf ihren Websites veröffentlichen. | Künftig müssen ADR-Stellen alle zwei Jahre kurze Tätigkeitsberichte vorlegen. |
Die Informationspflichten der ADR-Stellen zum Zeitpunkt der Mitteilung werden reduziert. | ||
Neue Empfehlung an Online-Marktplätze und EU-Wirtschaftsverbände mit Streitbeilegungssystem | Die Kommission empfiehlt ihnen, ihre Systeme an die Qualitätsanforderungen der ADR-Richtlinie anzupassen. | |
Im Falle von automatisierten Verfahren wird dies bekannt gegeben sowie den Beteiligten das Recht eingeräumt, das Ergebnis durch eine natürliche Person überprüfen zu lassen. | ||
Zudem sollten in regelmäßigen Abständen von höchstens zwei Jahren Selbstbewertungsberichte über die Umsetzung der Qualitätsanforderungen veröffentlicht werden. |
Öffentliche Konsultationen
Die Kommission führte 2022 zwei öffentliche Konsultationen durch: eine rückblickende und eine zukunftsorientierte, parallel zur Sondierung. Diese Konsultationen wurden mit Blick auf die Bewertung und die Folgenabschätzung, die den Legislativvorschlag der Kommission zur Reform des ADR-/ODR-Rahmens flankieren, durchgeführt.
Außergerichtliche Streitbeilegung
Unter alternativer Streitbeilegung (ADR) ist die außergerichtliche Schlichtung eines Streits mit Unterstützung einer unparteiischen Streitbeilegungsstelle zu verstehen. Verbraucherrechtsstreitigkeiten können auf diese Weise einfacher, schneller und kostengünstiger beigelegt werden als vor Gericht.
Es gibt viele Arten von alternativer Streitbeilegung, z. B.
- Mediation
- Schlichtungsverfahren
- Einschaltung von Bürgerbeauftragten
- Schiedsverfahren
- Verfahren vor Beschwerdekammern
Außergerichtliche Streitbeilegungsstellen nach Ländern
Es gibt in der EU zahlreiche außergerichtliche Streitbeilegungsstellen. Eine außergerichtliche Streitbeilegung über eine dieser Stellen ist für die meisten Arten von Waren und Dienstleistungen möglich (ausgenommen sind Beschwerden über das Gesundheits- oder Hochschulwesen).
Es spielt keine Rolle, ob Sie die Ware oder Dienstleistung online oder in einem Geschäft erworben haben, ob der Händler seinen Sitz in Ihrem Land oder in einem anderen EU-Land hat.
Auf der Online-Streitbeilegungsplattform finden Sie eine Liste der außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen nach Ländern.
ADR-Versammlung 2021 – Material
Die ADR-Versammlung ist die größte Veranstaltung für alternative Streitbeilegung in ganz Europa. Sie findet alle zwei Jahre statt. Zur zweiten und virtuellen Ausgabe am 28./29. September 2021 lud die Kommission über 400 Akteure für alternative Streitbeilegung und andere Interessenträger in Sachen Verbraucherschutz ein. Die Unterlagen zur Veranstaltung finden Sie unter den nachstehenden Links.
Veranstaltungsmaterial und Präsentationen
- 31. DEZEMBER 2021
Rundtischgespräch über eine grenzübergreifende ADR
Seit immer mehr Menschen ihre Einkäufe im Internet erledigen, hat die außergerichtliche Streitbeilegung für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts an Bedeutung gewonnen. Die vorliegenden Daten belegen jedoch, dass die Verbraucher/innen bei grenzüberschreitenden Fällen die alternative Streitbeilegung nicht in Anspruch nehmen. Dafür gibt es viele Gründe wie die komplexe Rechtslage, Sprachbarrieren, verfahrensrechtliche Fragen, fehlende Kenntnis der Möglichkeiten oder obligatorische Bearbeitung der Beschwerde gemäß dem Beschwerdeverfahren der jeweiligen Online-Plattform.
Das Netz der Europäischen Verbraucherzentren (ECC-Net) und die Europäische Kommission richteten daher ein Rundtischgespräch mit ADR-Stellen, zuständigen Behörden, europäischen Verbraucherzentren sowie Vertretern von Hochschulen, Verbraucher- und Händlerverbänden aus.
- 21. JUNI 2022
Diskussionspapiere
Berichte über die Anwendung der Richtlinie über alternative Streitbeilegung
Gemäß Artikel 26 der ADR-Richtlinie und Artikel 21 Absatz 2 der ODR-Verordnung veröffentlicht die Kommission einen gemeinsamen Bericht über die Anwendung von ADR/ODR, in dem die Entwicklung und der Einsatz von ADR-Stellen sowie die Auswirkungen von ADR und ODR auf Verbraucher/innen und Händler beleuchtet werden. Dieser Bericht stützt sich auf die ADR-Berichte der Mitgliedstaaten, die der Kommission alle vier Jahre von den zuständigen ADR-Behörden vorgelegt werden, sowie auf andere Maßnahmen zur Datenerhebung (Workshops, öffentliche Konsultationen, Studien usw.).
Bericht über die Anwendung der Richtlinie über alternative Streitbeilegung 2023
Bericht über die Anwendung der Richtlinie über alternative Streitbeilegung 2019
Studien zur alternativen Streitbeilegung
- 17. OKTOBER 2023
- 24. AUGUST 2022
- 24. AUGUST 2022