Hintergrund
Europa ist heute eine der wettbewerbsfähigsten, dynamischsten und innovativsten Regionen der Welt. Die letzten Jahre haben jedoch einige historische Herausforderungen mit sich gebracht, darunter die COVID-19-Pandemie und Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine.
Obwohl es der Europäischen Union gelungen ist, sich diesen Krisen erfolgreich zu stellen, haben sie unsere Wettbewerbsfähigkeit insgesamt beeinträchtigt.
Wachsende Herausforderungen wie Klimawandel, künstliche Intelligenz und geopolitische Spannungen verändern die Welt, in der wir leben. Um in diesem neuen Szenario gedeihen zu können, müssen wir dafür sorgen, dass in Europa Wachstum und Innovation auch in Zukunft gefördert werden.
Eine wettbewerbsfähigere EU wird es europäischen Unternehmen ermöglichen, auf dem globalen Markt erfolgreich zu konkurrieren. Dies kann erreicht werden, indem wir ein Umfeld schaffen, in dem Produkte, Dienstleistungen oder Lösungen entwickelt werden, die besser, effizienter und innovativer sind als die ihrer internationalen Mitbewerber.
Wiederherstellung unseres Wettbewerbsvorteils
Wir haben durch folgende Maßnahmen unsere industrielle Basis gestärkt und Europa investitionsfreundlicher gemacht:
- REPowerEU-Plan der Kommission zur Sicherung unserer Energieversorgung und zur Verringerung unserer Abhängigkeit von Russland
- Entwicklung des Industrieplans zum Grünen Deal zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Netto-Null-Industrie
- Aufbau einer Europäischen Gesundheitsunion, in der medizinisches Material verfügbar, erschwinglich und innovativ ist
Fünf-Punkte-Plan für ein wettbewerbsfähigeres Europa
Um sicherzustellen, dass wir weiterhin einen hohen Lebensstandard für alle Menschen in der EU gewährleisten können, stellen wir die Wettbewerbsfähigkeit in den Mittelpunkt unserer Wirtschaftsagenda für 2024 und darüber hinaus.
Im Anschluss an den Bericht von Enrico Letta über den EU-Binnenmarkt erläuterte Präsidentin von der Leyen fünf große Handlungsfelder zur weiteren Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit in Europa:
- Erschließung von mehr Kapital für europäische Unternehmen
- Gewährleistung der Energieunabhängigkeit und Senkung der Energiekosten
- Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel
- Förderung der digitalen Innovation,
- Ausschöpfung des vollen Potenzials des Handels
Öffentliche Investitionen sind von entscheidender Bedeutung, aber nicht ausreichend, um zu gewährleisten, dass wir in der heutigen Welt wettbewerbsfähig bleiben.
Damit Unternehmen das immense private Kapital Europas nutzen können, müssen wir die vor fast zehn Jahren ins Leben gerufene Kapitalmarktunion vollenden.
Jedes Jahr fließen europäische Spareinlagen in Höhe von 300 Mrd. Euro aufgrund der Fragmentierung unseres Kapitalmarktsystems ins Ausland ab. Wenn wir die Kapitalmarktunion vollenden, könnten für Unternehmen in der EU zusätzliche Mittel in Höhe von 470 Mrd. Euro pro Jahr aufgebracht werden. Dieses Kapital könnte genutzt werden, um Innovation, Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen auf dem gesamten Kontinent zu fördern.
Um die Kapitalmarktunion zu vollenden, müssen wir
- die nationalen Insolvenzvorschriften harmonisieren,
- grenzüberschreitende Sparprodukte für Kleinanleger schaffen,
- die Aufsicht über die wichtigsten Marktteilnehmer auf europäischer Ebene intensivieren,
Energieunabhängigkeit gewährleisten und die Energiekosten senken.
Die Maßnahmen der EU nach der Invasion der Ukraine durch Russland machten es möglich, wieder zu den Energiekosten von vor dem Krieg zurückzukehren. Nach wie vor wirken sich die Energiepreise nachteilig auf die Wettbewerbsfähigkeit Europas aus. Um unseren Wettbewerbsvorteil wiederzuerlangen, müssen wir die Energiekosten weiter senken.
Die Dinge verändern sich jetzt zum Besseren, da die Zeit großer Gasknappheit vorbei ist und teilweise sogar Überschüsse zu verzeichnen sind. Im Jahr 2025 werden zahlreiche neue Projekte zur Einfuhr von Flüssigerdgas (LNG) die weltweite LNG-Versorgung um 50 % erhöhen, was zu deutlich niedrigeren Gaspreisen führen wird.
Unterdessen haben uns die Investitionen in saubere Energie ermöglicht, 2023 zum ersten Mal mehr Strom aus Wind als aus Gas zu erzeugen. Diese vor Ort erzeugte erneuerbare Energie ist gut für die Industrie, die Umwelt und die Verbraucherpreise.
Es gibt jedoch noch viel zu tun. Wir müssen jetzt die Energieinfrastruktur weiterentwickeln, und zwar durch
- Verdoppelung der Kapazität der grenzüberschreitenden Stromübertragung und
- Aufbau von intelligenten Netzen und Ladeinfrastruktur.
Nie zuvor in der europäischen Geschichte waren so viele Menschen beschäftigt wie heute. Dennoch sind wir nach wie vor mit einem Arbeitskräftemangel konfrontiert, der behoben werden kann, indem
- möglichst viele Menschen eine Ausbildung erhalten und die Jugendarbeitslosigkeit bekämpft wird,
- der Zugang der Frauen zum Arbeitsmarkt verbessert wird,
- flexiblere Lösungen für ältere Menschen geschaffen
- und Fachkräfte aus dem Ausland angeworben werden.
Um in einer grünen und digitalen Wirtschaft wettbewerbsfähig zu bleiben, muss sich die EU auf die Weiterqualifizierung und Umschulung ihrer Arbeitskräfte konzentrieren. Deshalb investieren wir über das Programm NextGenerationEU und den Europäischen Sozialfonds Plus 65 Mrd. Euro, um dazu beizutragen, dass die Menschen über die notwendigen Kompetenzen verfügen, um in ihrer beruflichen Laufbahn erfolgreich zu sein und zur Innovation in Europa beizutragen.
Laut einer EU-Umfrage haben Unternehmen große Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von Personal mit Cybersicherheitskompetenzen. Im Jahr 2022 fehlten EU-weit zwischen 260 000 und 500 000 Fachkräfte für Cybersicherheit.
Um diese Lücke zu schließen, hat die Kommission die Akademie für Cybersicherheitskompetenzen ins Leben gerufen, die als zentrale Anlaufstelle für europaweite Schulungsmöglichkeiten und Initiativen für Cyberkompetenzen dienen soll.
Die Förderung von Innovation und Wettbewerbsfähigkeit im digitalen Bereich ist von entscheidender Bedeutung, um in der heutigen Welt mithalten zu können.
Deshalb investiert die EU 150 Mrd. Euro aus dem Programm NextGenerationEU in Cybersicherheit, Supercomputer und die Kompetenzen, die wir benötigen, um die nächsten zehn Jahre zur digitalen Dekade Europas zu machen.
Um den digitalen Wandel zu erleichtern, hat die EU außerdem
- das KI-Gesetz, den weltweit ersten Rechtsrahmen für KI und KI-Anwendungen, auf den Weg gebracht,
- das Daten-Governance-Gesetz eingeführt, das die Schaffung gemeinsamer europäischer Datenräume für die Bündelung und gemeinsame Nutzung von Daten ermöglicht,
- einen Vorschlag für das Datengesetz zur Erleichterung der gemeinsamen Nutzung von Daten durch Unternehmen, Einzelpersonen und den öffentlichen Sektor vorgelegt.
Um zu gewährleisten, dass der digitale Wandel sicher, fair und transparent ist, hat die Kommission:
- das Gesetz über digitale Märkte entwickelt, das die Rechtssicherheit für Unternehmen und Plattformen erhöht und auch KMU und Start-up-Unternehmen stärkt,
- das Gesetz über digitale Dienste eingeführt, um die Verbreitung von Falschinformationen im Internet zu verhindern.
Europa ist ein Kontinent des Handels, und dieser Handel trägt in hohem Maße zum Wohlstand der Europäischen Union bei. Handel ist für die EU unverzichtbar, da er es uns ermöglicht,
- unsere Produkte weltweit zu exportieren,
- Zugang zu kritischen Rohstoffen zu erlangen, die für den ökologischen und digitalen Wandel benötigt werden und
- am Wachstumspotenzial anderer Regionen teilzuhaben.
Aus diesem Grund wird die EU sich weiterhin für einen offenen und fairen Handel einsetzen, der unseren Unternehmen Chancen bietet. Dazu müssen mehr Handelsabkommen für sichere und offene Märkte ausgehandelt werden. Überdies muss die Welthandelsorganisation reformiert werden, um sich besser an den digitalen Handel und den Klimawandel anzupassen.
Die EU wird auch weiterhin ihren Markt schützen und auf weltweit gleiche Wettbewerbsbedingungen hinarbeiten. Erreicht werden soll dies durch die Zusammenarbeit mit Partnern (z. B. den G7), um die Probleme struktureller Überkapazitäten anzugehen, und durch über 170 handelspolitische Schutzmaßnahmen, mit denen bislang mehr als 500 000 Arbeitsplätze in der EU vor den Auswirkungen unfairer Handelsbedingungen geschützt wurden.