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Stärkere europäische Verteidigung

Ein EU-Rahmen für die gemeinsame Beschaffung im Verteidigungsbereich

Am 18. Mai 2022 legten die Kommission und der Hohe Vertreter auf dem Gipfeltreffen in Versailles eine Analyse der Defizite bei den Verteidigungsinvestitionen vor. Sie schlugen außerdem weitere Maßnahmen und Aktionen vor, um die technologische und industrielle Basis der europäischen Verteidigung (EDTIB) zu stärken.

Am 19. Juli 2022 nahm die Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung zur Stärkung der Europäischen Verteidigungsindustrie durch Gemeinsame Beschaffung (EDIRPA) an. Das mit 500 Mio. EUR ausgestattete kurzfristige Finanzierungsinstrument soll Anreize für eine gemeinsame Beschaffung im Verteidigungsbereich unter den Mitgliedstaaten schaffen.

Der Vorschlag ist eine Reaktion auf den willkürlichen Angriff Russlands auf die Ukraine, der erhebliche Auswirkungen auf die europäische Verteidigung hat und zu höheren Militärausgaben der Mitgliedstaaten führt. Damit wird auch der im Rahmen der Konferenz zur Zukunft Europas geäußerten Forderung Rechnung getragen, dass die EU im Verteidigungsbereich stärker in Erscheinung treten soll.

Maßnahmen zur Schließung der Lücken

a drone operating

Um die bestehenden Investitionslücken im Verteidigungsbereich zu schließen, haben die Kommission und der Hohe Vertreter eine Reihe konkreter Maßnahmen festgelegt. Ziel ist es, in Europa die Nachfrage im Verteidigungsbereich durch gemeinsame Beschaffung anzukurbeln und das Angebot durch Maßnahmen zur Unterstützung der industriellen Fertigungskapazitäten zu stärken.

Taskforce für die gemeinsame Beschaffung im Verteidigungsbereich

Kurzfristig wurde eine Taskforce für die gemeinsame Beschaffung eingerichtet, die mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten soll. Angesichts der neuen Sicherheitslage sollen so ein koordinierter Ansatz sichergestellt und Konflikte vermieden werden. Die Taskforce erleichtert auch die Koordinierung der militärischen Hilfe für die Ukraine.

EU-Instrument zur Stärkung der Fähigkeiten der Verteidigungsindustrie

Im Juli 2022 präsentierte die Kommission ein kurzfristiges EU-Instrument zur Stärkung der Fähigkeiten der Verteidigungsindustrie durch ein gemeinsames Beschaffungswesen. Mithilfe der Taskforce sollen die Mitgliedstaaten dabei unterstützt werden, gemeinsam die dringendsten und kritischsten Lücken zu schließen. Die Kommission ist bereit, 500 Mio. EUR aus dem EU-Haushalt über einen Zeitraum von zwei Jahren bereitzustellen, um den Mitgliedstaaten Anreize zu bieten, diesen Bedarf gemeinsam anzugehen. 

EU-Rahmen für die gemeinsame Beschaffung im Verteidigungsbereich

Dieses kurzfristige Instrument wird den Weg in Richtung eines EU-Rahmens für die gemeinsame Beschaffung von Verteidigungsgütern ebnen: Im dritten Quartal 2022 schlägt die Kommission eine Verordnung über ein Programm für Europäische Verteidigungsinvestitionen (EDIP) vor, die es den Mitgliedstaaten wiederum ermöglichen soll, Europäische Konsortien für Verteidigungsfähigkeiten (EDCC) zu bilden. Im Rahmen der EDCC werden die teilnehmenden Mitgliedstaaten gemeinsam Verteidigungsfähigkeiten beschaffen, die in der EU im Geiste der Zusammenarbeit entwickelt und von der Mehrwertsteuer befreit sein werden. Darüber hinaus kann für Projekte von hohem EU-Interesse eine entsprechende EU-Finanzierung bereitgestellt werden.

Zudem schlagen die Kommission und der Hohe Vertreter vor, schrittweise zu einer gemeinsamen Programmplanungs- und Beschaffungseinrichtung der EU im Verteidigungsbereich überzugehen, die es ermöglicht, die Prioritäten für die Verteidigungsfähigkeiten genauer zu definieren.

Stärkere europäische Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich

Zuletzt erfordert eine verstärkte europäische Zusammenarbeit in der Verteidigung auch einen verlässlichen Aktionsplan zur Stärkung der Kapazitäten der europäischen Verteidigungsindustrie. Zu diesem Zweck wird die Kommission:

  • im Geiste der Zusammenarbeit mit der Europäischen Verteidigungsagentur eine eingehende Bestandsaufnahme der derzeitigen und zusätzlich erforderlichen industriellen Produktionskapazitäten in der EU durchführen,
  • eine Initiative für kritische Rohstoffe einschließlich gesetzgeberischer Maßnahmen vorschlagen, um unter anderem den Zugang der Verteidigungsindustrie zu kritischen Rohstoffen zu erleichtern und damit die Widerstandskraft und Versorgungssicherheit der EU zu stärken,
  • an weiteren Maßnahmen arbeiten, mit denen die Verfügbarkeit verteidigungsspezifischer Kompetenzen für den Ausbau der industriellen Kapazitäten gewährleistet wird,
  • mögliche Änderungen des Rahmens für Forschung und Innovation im Bereich der Güter mit doppeltem Verwendungszweck prüfen, um bessere Synergien zwischen zivilen und verteidigungspolitischen Instrumenten herzustellen,
  • an weiteren Maßnahmen (z. B. aufeinander abgestimmte Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen bei bestehenden EU-Instrumenten und EIB-Darlehen) arbeiten, um kritische Technologien und industrielle Kapazitäten durch die Entwicklung strategischer Projekte zu unterstützen,
  • im Rahmen der allgemeinen Überprüfung der Prioritäten bei der Halbzeitüberprüfung des langfristigen EU-Haushalts erwägen, die Haushaltsmittel des Europäischen Verteidigungsfonds und mithilfe der Fazilität „Connecting Europe“ die militärische Mobilität zu stärken,
  • die Einrichtung der CASSINI-Initiative für den Verteidigungsbereich beschleunigen, um neue Marktteilnehmer anzuziehen und Innovationen im Verteidigungsbereich zu unterstützen.

Die EIB sollte außerdem prüfen, ob sie ihre Hilfen für die europäische Verteidigungsindustrie und die gemeinsame Beschaffung über ihre laufende Unterstützung für Güter mit doppeltem Verwendungszweck hinaus verstärkt.

Die vorgeschlagenen Maßnahmen werden die EU zu einem stärkeren internationalen Partner machen – unter anderem innerhalb der NATO, die nach wie vor die Grundlage für die kollektive Verteidigung ihrer Mitglieder bildet.

Gemeinsame strategische Vision für die Verteidigung der EU

Am 15. Februar 2022 legte die Kommission einen weiteren Beitrag zur Stärkung der europäischen Verteidigung vor. Konkret handelt es sich um eine Reihe von Initiativen in Bereichen, die für den Verteidigungssektor und die Sicherheit in der Europäischen Union entscheidend sind, sowie einen Fahrplan für kritische Technologien für Sicherheit und Verteidigung. Daher legt die Kommission neue Vorschläge für einen stärker integrierten und wettbewerbsfähigeren europäischen Verteidigungsmarkt vor, insbesondere durch die weitere Förderung der Zusammenarbeit mit und innerhalb der EU.

Die Kommission hat insbesondere die folgenden neuen Schlüsselbereiche ermittelt, um die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Verteidigungsmarktes weiter zu stärken:

  • Sondierung, wie für die Mitgliedstaaten weitere Anreize zu Investitionen in wichtige strategische Fähigkeiten und Schlüsselelemente, die in Kooperationsrahmen der Europäischen Union entwickelt und/oder beschafft werden, geschaffen werden können
  • Schaffung von Anreizen für die gemeinsame Beschaffung von Verteidigungsfähigkeiten, die gemeinschaftlich in der EU entwickelt wurden
  • Aufruf an die Mitgliedstaaten, weiter auf eine Straffung und eine stärkere Konvergenz der Kontrollpraxis bei Waffenausfuhren hinzuarbeiten, insbesondere im Hinblick auf in einem EU-Kooperationsrahmen entwickelte Verteidigungsfähigkeiten

Bis Ende 2022 investiert der Europäische Verteidigungsfonds 1,9 Mrd. EUR in Projekte zur Verteidigungsforschung und zur Entwicklung von Fähigkeiten. Damit werden wichtige groß angelegte Kooperationsprojekte zur Fähigkeitenentwicklung angestoßen, mit denen gleichzeitig Innovationen im Verteidigungsbereich gefördert werden. Die Kommission prüft zusätzliche Anreize für gemeinsame Investitionen der Mitgliedstaaten in strategische Verteidigungsfähigkeiten, die in einem Kooperationsrahmen der EU entwickelt und/oder gemeinsam beschafft werden.

Förderung von Forschung und Innovation in Europa und Verringerung strategischer Abhängigkeiten

Die von der Kommission eingerichtete Beobachtungsstelle für kritische Technologien soll

  • kritische Technologien für Raumfahrt, Verteidigung und verwandte zivile Sektoren auflisten, beobachten und einschätzen
  • Technologielücken, Ursachen strategischer Abhängigkeiten und Schwachstellen aufdecken
  • Zeitpläne für Abhilfemaßnahmen erstellen sowie Entscheidungs- und Finanzierungsabläufe durchleuchten

In puncto kritische Technologien, Forschung und Innovation will die Kommission darüber hinaus

  • weiterhin Synergien zwischen EU-Programmen und -Instrumenten im Bereich Forschung und Innovation fördern. Konkret wird die Kommission 2023 einen Ansatz zur Doppelnutzung in Forschung und Innovation auf EU-Ebene vorlegen, der auf Güter, Technologien und Software für zivile als auch für militärische Zwecke abzielt,
  • die Mitgliedstaaten aufrufen, sich zur Entwicklung eines koordinierten Ansatzes für kritische Technologien im Zusammenhang mit dem Strategischen Kompass für Sicherheit und Verteidigung zu verpflichten,
  • Innovation und Unternehmertum in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung durch eine Reihe von Instrumenten (z. B. Gründerzentren, Mischfinanzierungsfazilitäten usw.) und durch die Schaffung eines EU-Innovationsprogramms im Verteidigungsbereich fördern, damit diese Bemühungen unter einem Dach vereint werden,
  • bei der Umsetzung und Überprüfung bestehender Industrie- und Handelsinstrumente der EU oder bei der Konzipierung neuer Instrumente die Sicherheits- und Verteidigungserwägungen systematischer bewerten.

Anreize für die gemeinsame Beschaffung von Verteidigungsfähigkeiten

A military person and binoculars

Die gemeinsame Beschaffung europäischer Verteidigungsfähigkeiten durch die Mitgliedstaaten erhöht die Interoperabilität der nationalen Streitkräfte in Europa erheblich. Sie fördert auch die Wettbewerbsfähigkeit der technologischen und industriellen Basis der EU-Verteidigung, insbesondere durch größere Skaleneffekte.

In den kommenden Jahren wird die Kommission eine Reihe von Instrumenten prüfen, um Anreize für die gemeinsame Beschaffung von Verteidigungsfähigkeiten zu setzen, die in der EU gemeinsam entwickelt werden, unter anderem durch:

  • Vorschlag einer Befreiung von der Mehrwertsteuer spätestens Anfang 2023,
  • Einführung neuer Finanzierungslösungen bis Mitte 2023 und
  • die etwaige Überprüfung der Bonusmechanismen des Europäischen Verteidigungsfonds.

Vereinfachte und besser koordinierte Ausfuhrkontrollen

Auch wenn Waffenausfuhrkontrollen in die nationale Zuständigkeit fallen, ruft die Kommission die Mitgliedstaaten dazu auf, Möglichkeiten für eine schrittweise Straffung und Konvergenz ihrer Vorschriften und Praktiken bei der Kontrolle von Waffenausfuhren und -transfers zu sondieren, vor allem bei gemeinsam entwickelten Verteidigungsfähigkeiten.

Bis Ende 2022 arbeitet die Kommission mit den Mitgliedstaaten daran, den Transfer von EU-finanzierten Verteidigungsgütern innerhalb des Binnenmarkts weiter zu erleichtern.

Stärkung der Resilienz Europas

Angesichts der derzeitigen sicherheitspolitischen Herausforderungen müssen wir Europa krisenfester machen. Daher schlägt die Kommission wichtige Initiativen vor, die konkrete Ziele verfolgen:

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Abwehr hybrider Bedrohungen

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Stärkung von Cybersicherheit und -abwehr

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Förderung militärischer Mobilität

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Bewältigung der Herausforderungen in puncto Klimawandel und Verteidigung

Zeitleiste

  1. 3. Mai 2023

    Kommission erlässt Verordnung zur Förderung der Munitionsproduktion (ASAP), um dringend Munition und Flugkörper in die Ukraine zu liefern und den Mitgliedstaaten dabei zu helfen, ihre Bestände wieder aufzufüllen.

  2. 19. Juli 2022

    Annahme eines Vorschlags für eine Verordnung zur Einrichtung des kurzfristigen Instruments zur Stärkung der Europäischen Verteidigungsindustrie durch Gemeinsame Beschaffung (EDIRPA)

  3. 18. Mai 2022

    Mitteilung zu Investitionslücken im Verteidigungsbereich und zu deren Beseitigung

  4. 24.–25. März 2022

    Europäischer Rat und Billigung des Strategischen Kompasses

  5. 11. März 2022

    Tagung der Staats- und Regierungschefs in Versailles

  6. 15. Februar 2022

    Mitteilung über die europäische Verteidigung

  7. 30. Juni 2021

    Einrichtung des Europäischen Verteidigungsfonds

Dokumente

Communication on contributing to European defence and related documents (including press releases, Q&As and factsheets)