Zum Hauptinhalt

Eingehende Überprüfungen von Bereichen mit strategischer Bedeutung für die Interessen Europas

Im Zusammenhang mit der Aktualisierung der Industriestrategie hat die Europäische Kommission eingehende Überprüfungen einer Reihe von Bereichen durchgeführt, die als Bereiche von strategischer Bedeutung für die Interessen Europas anzusehen sind. Dabei hat sie die Art etwaiger strategischer Abhängigkeiten und deren Auswirkungen sowie politische Abhilfemaßnahmen untersucht, die in einigen Bereichen bereits im Gange sind. Die Bewertungen sind nicht als umfassende Analyse aller möglichen strategischen Abhängigkeiten der EU zu betrachten, sondern vielmehr als erste Phase der Bewertung einer Reihe von wichtigen Bereichen.

Rohstoffe

Da die EU nicht alle Rohstoffe erzeugt, die wir zur Deckung unseres Bedarfs brauchen, steht die Industrie der EU beim Zugang zu Rohstoffen im globalen Wettbewerb.

Mehr als verdoppelt
hat sich die Rohstoffgewinnung
weltweit seit 1990
40 %
Zunahme des Verbrauchs
voraussichtlich bis 2040

Die Kommission hat in ihre Liste der kritischen Rohstoffe 2020 30 kritische Rohstoffe aufgenommen. Dabei handelt es sich um wirtschaftlich besonders wichtige Rohstoffe mit hohem Versorgungsrisiko. 

Magnet

Seltene Erden kommen in Magneten für Elektrofahrzeuge und Windkraftanlagen zum Einsatz

led bulb

Gallium und Indium sind für die Leuchtdiodentechnologie (LED) in Lampen erforderlich

Semiconductor

Siliziummetall wird in Halbleitern verwendet

hydrogen fuel

Metalle der Platingruppe werden in Wasserstoffbrennstoffzellen und Elektrolyseuren benötigt

Zentrale Fragestellungen

click icon

Verschiedene strategische Sektoren und Technologien sind auf den Zugang zu kritischen Rohstoffen angewiesen 

click icon

Das weltweite Angebot ist bei einigen Rohstoffen stark auf bestimmte Länder konzentriert

    • Die EU bezieht 98 % ihres Bedarfs an seltenen Erden aus China.
    • Die EU bezieht 98 % ihres Bedarfs an Borat aus der Türkei.
    • Die EU bezieht 71 % ihres Bedarfs an Platin aus Südafrika.
    • Bei der Versorgung mit Hafnium und Strontium ist die EU von einzelnen Unternehmen abhängig.
    click icon

    Für Rohstoffe gibt es weltweit immer mehr Ausfuhrbeschränkungen

    Über 70 % der weltweiten Produktion von Kobalt, seltenen Erden und Wolfram unterliegen Ausfuhrbeschränkungen.

    click icon

    Die Nachfrage nach wichtigen Rohstoffen für erneuerbare Energie und E-Mobilität wird zwischen 2030 und 2050 um ein Vielfaches ansteigen

    Sonstige Maßnahmen zur Unterstützung von Projekten zu kritischen Rohstoffen

    • Zwei wichtige Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse (IPCEI) im Bereich der Batterie-Wertschöpfungskette 
    • Investitionsmöglichkeiten im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität
    • 300 Millionen Euro für Forschung und Innovation im Rahmen von Horizont Europa
    • Strategische internationale Partnerschaften zur Sicherung einer diversifizierten und nachhaltigen Versorgung mit kritischen Rohstoffen
    • Unterstützung des Geschäftsmodells „Produkt als Dienstleistung“, um Anreize für das Recycling und die Wiederverwendung von Rohstoffen zu schaffen
    • Rückverfolgbarkeit von Rohstoffen durch Technologie und harmonisierte Datenanforderungen
    • Verbesserung der Genehmigungsverfahren zur Gewährleistung der Vorhersehbarkeit und Aufrechterhaltung hoher Umweltstandards
    • Entwicklung von Nachhaltigkeitsgrundsätzen für Rohstoffe in der EU

    Pharmazeutische Wirkstoffe

    Zentrale Fragestellungen

    click icon

    Störungen aufgrund der Komplexität der Versorgungskette möglich

    Aufgrund ihrer Komplexität ist die Arzneimittelversorgungskette anfällig für vielerlei Störungen innerhalb und außerhalb der EU, deren Ursachen von Handelsstreitigkeiten, Cyberangriffen, unkoordinierten Bevorratungen und Ausfuhrbeschränkungen über Störungen der Logistik, Standortschließungen und Betriebsunfälle bis hin zur Nichteinhaltung der guten Herstellungspraxis (GHP) reichen können. 

    click icon

    Hochgradige Integration der Versorgungsketten bei pharmazeutischen Wirkstoffen

    Die Arzneimittelversorgungskette ist zu einer der am stärksten integrierten Versorgungsketten der Welt geworden. Insbesondere die Herstellung generischer pharmazeutischer Wirkstoffe unterliegt einer starken regionalen Konzentration. Darüber hinaus ist bei in Indien und China hergestellten Generika weiterhin ein Aufwärtstrend zu verzeichnen.

    Geografische Verteilung des globalen Produktionswertes bei generischen pharmazeutischen Wirkstoffen (2015)

    • 66 % im asiatisch-pazifischen Raum (Indien und China)
    • 24 % in der EU
    • 3 % in Nordamerika
    • 7 % in der übrigen Welt
    click icon

    Ausgeprägte Handelskonzentration

    Die europäischen Einfuhren pharmazeutischer Wirkstoffe stammen aus nur wenigen Quellen.

    80 %
    ihres Einfuhrvolumens stammen aus fünf Ländern (China, USA, Vereinigtes Königreich, Indonesien und Indien) [China 45 %]
    80 %
    ihres Einfuhrwertes stammen aus vier Ländern (Schweiz, USA, Singapur und China) [Schweiz und USA jeweils 30 %]

    Lithium-Ionen-Batterien (Li-Ion-Akkus)

    Zwar gibt es unterschiedliche Batterietechnologien, doch sind Lithium-Ionen-Batterien für viele Anwendungen unverzichtbar, da ihre Leistung verschiedenen altbewährten und ausgereiften Technologien überlegen ist.

    Weltweite Produktionskapazität für Li-Ion-Akkus im Jahr 2018

    3 %
    in der EU
    66 %
    in China
    20 %
    in Südkorea, Japan und anderen asiatischen Ländern

    Schlüsselfaktoren für die Steigerung der Produktionskapazität

    energy storage

     

    Li-Ion-Akkus können heute 300 % mehr Energie speichern als 1991 Sinkende Kosten (1100 US-Dollar/kWh im Jahr 2010 – > 156 US-Dollar/kWh im Jahr 2019)
    graph increase
    Die weltweite Nachfrage soll den Erwartungen zufolge bis 2040 auf 4000 Gigawattstunden (GWh) ansteigen, gegenüber 90 GWh im Jahr 2016 Die europäische Nachfrage soll den Erwartungen zufolge bis 2028 auf 400 GWh ansteigen

    Zentrale Fragestellungen

    click icon

    Der Zugang zu den benötigten Rohstoffen ist für die Batterieherstellung von entscheidender Bedeutung

    Die EU erzeugt nur 1 % aller Rohstoffe für Batterien. Um den Bedarf der Sektoren Mobilität und Energiespeicherung zu decken, braucht die EU:

    • 7-18-mal mehr Lithium bis 2030
    • 2-5-mal mehr Kobalt bis 2030
    • 16-57-mal mehr Lithium bis 2050
    • 3-15-mal mehr Kobalt bis 2050
    click icon

    Zugang zu verarbeiteten Materialien und Komponenten

      • 84 % der verarbeiteten Materialien und Komponenten stammen aus Asien
      • 8-9 % der verarbeiteten Materialien und Komponenten stammen aus der EU
      • Mehrere Investitionen in Batteriegrundstoffe in der EU angekündigt, aber zusätzliche Investitionen erforderlich

      Gesamtinvestitionen

      charging station

      Elektromobilität

      60 Milliarden Euro überwiegend private Investitionen in die Wertschöpfungskette der Elektromobilität in Europa allein im Jahr 2019

      3,5-mal so hoch wie in China
      research

      Forschung

      Rund 270 Millionen Euro aus EU-Forschungsprogrammen im Zeitraum 2019-2020

      925 Millionen Euro für die neue europäische Partnerschaft für eine industrielle Wertschöpfungskette für Batterien im Rahmen von Horizont Europa vorgeschlagen

      Cooperation

      Wichtige Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse (IPCEI)

      Erste IPCEI-Zuschüsse: Staatliche Beihilfen in Höhe von 3,2 Milliarden Euro, die weitere Investitionen des Privatsektors in Höhe von 5 Milliarden Euro mobilisieren dürften

      Weitere IPCEI-Zuschüsse: Staatliche Beihilfen in Höhe von 2,9 Milliarden Euro, die weitere Investitionen des Privatsektors in Höhe von 9 Milliarden Euro mobilisieren dürften

      Weitere laufende Initiativen

      • Neuer Rechtsrahmen für Batterien wird voraussichtlich 2022 in Kraft treten
      • Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Wertschöpfungsketten für kritische Rohstoffe in der EU
      • Gewährleistung eines wirksamen Einsatzes der im Rahmen von Horizont Europa für die Batterieforschung bereitgestellten Mittel
      • Aufbau eines qualifizierten europäischen Arbeitskräftepotenzials im Batteriesektor

      Wasserstoff

      Für Wasserstoff gibt es ein breites Spektrum an Anwendungen in verschiedenen industriellen Ökosystemen wie der chemischen Industrie und der Raffinerieindustrie, aber auch in den Bereichen Mobilität, Energiespeicherung und Heizung. Er weist einen hohen Energiegehalt pro Masseneinheit auf, so dass er sich z. B. für den Schwerverkehr eignet. Für die Gewinnung von Wasserstoff muss jedoch zunächst Energie zugeführt werden – entweder aus Erdgas oder durch Wasser-Elektrolyse.

      Angestrebte Erhöhung der Leistung von mit erneuerbarer Energie betriebenen Elektrolyseuren 

      1 GW
      Leistung der mit erneuerbarer Energie betriebenen Elektrolyseure bis 2020
      6 GW
      Leistung der mit erneuerbarer Energie betriebenen Elektrolyseure bis 2024
      40 GW
      Leistung der mit erneuerbarer Energie betriebenen Elektrolyseure bis 2030

      Die einzelnen Schritte des Fahrplans für ein europäisches Wasserstoff-Ökosystem

      1. Bis 2024

        Die Kommission wird die Installation von Elektrolyseuren für erneuerbaren Wasserstoff mit mindestens 6 GW Leistung sowie die Erzeugung von bis zu 1 Mio. Tonnen erneuerbarem Wasserstoff in der EU fördern.

      2. 2025 bis 2030

        Wasserstoff muss zu einem festen Bestandteil unseres integrierten Energiesystems werden. Etappenziele sind die Installation von Elektrolyseuren für erneuerbaren Wasserstoff mit mindestens 40 GW Leistung und die Erzeugung von bis zu 10 Mio. Tonnen erneuerbarem Wasserstoff in der EU.

      3. Ab 2030

        Ab 2030 wird erneuerbarer Wasserstoff in großem Maßstab in allen schwer zu dekarbonisierenden Wirtschaftszweigen eingesetzt.

      Zentrale Fragestellungen

      click icon

      Versorgung mit sauberem Wasserstoff in großen Mengen nötig

      Zur Dekarbonisierung wichtiger Sektoren (z. B. Stahl, Chemikalien oder Schwerverkehr) ist eine zuverlässige Versorgung mit sauberem Wasserstoff in großen Mengen erforderlich. Die noch unzureichende Versorgung mit erneuerbarem und CO2-armem Wasserstoff und die mangelnde Infrastruktur könnten Investitionsentscheidungen im nachgelagerten Bereich verzögern.

      • Bis 2030 werden zur Bereitstellung des erforderlichen Stroms Solar- und Windenergieerzeugungskapazitäten mit einer Leistung von 80 bis 120 GW benötigt
      click icon

      Abhängigkeit von Rohstoffeinfuhren

      Die EU ist von der Einfuhr von Rohstoffen für Schlüsselkomponenten (wie Elektrolyseure und Brennstoffzellen) abhängig, die für die Wasserstoffwirtschaft benötigt werden.

      • Für die Herstellung von Brennstoffzellen, Elektrolyseuren und Wasserstoffspeichertechnologien werden rund 30 Rohstoffe benötigt. 13 davon gelten als kritische Rohstoffe.

      Halbleiter

      Die jüngsten Engpässe in der Automobilindustrie veranschaulichen die anstehenden Herausforderungen für die EU. Halbleiterchips sind die grundlegenden Bausteine aller digitalen Produkte und Dienstleistungen. Sie sind in Autos, Flugzeugen, medizinischen Geräten, Mobiltelefonen, Netzwerken und Supercomputern eingebettet.

      Zentrale Fragestellungen

      click icon

      Die Herstellung von Hochleistungschips ist schwieriger und teurer geworden 

      Die Konzeption und Entwicklung hochmoderner Chips kann bis zu eine Milliarde Euro kosten. Eine führende Fabrikationsanlage erfordert Investitionen in Höhe von bis zu 20 Milliarden Euro. 2020 produzierten nur zwei Hersteller, nämlich TSMC (Taiwan) und Samsung (Südkorea), hochmoderne Chips. 

      click icon

      Abhängigkeiten

      Bei allgemeinen Design-Werkzeugen ist die EU hochgradig abhängig von den Vereinigten Staaten und bei der Herstellung hochmoderner Chips von Asien. 

      click icon

      Gleiche Wettbewerbsbedingungen

      Geopolitische Spannungen und das Fehlen gleicher Wettbewerbsbedingungen beeinträchtigen den Wettbewerb in diesem Sektor. Die Entwicklung und Herstellung von Chips wurde zunehmend massiv subventioniert. 

      click icon

      Die Präsenz Europas auf dem Halbleitermarkt ist begrenzt

      Der Anteil der EU an den weltweiten Einnahmen beträgt insgesamt etwa 10 % und in den Segmenten Datenverarbeitung und Kommunikation rund 6 %.

      Cloud- und Edge-Computing

      Cloud-Technologien bieten eine bedarfsorientierte, flexible und kostengünstige Datenspeicherung und -verarbeitung. Sie werden in zentralen Rechenzentren, dezentralen Einrichtungen oder auf verbundenen Geräten in der Nähe des Nutzers (Edge-Computing) betrieben. Viele Dienste, die Unternehmen, Behörden und Privatpersonen täglich nutzen, basieren auf Cloud-Computing.

      Autonomiechancen für die EU

      80%

      aller erzeugten Daten dürften bis 2025 am Netzwerkrand verarbeitet werden, ohne dass es derzeit marktbeherrschende Marktteilnehmer gäbe

      Computer

      Das starke Wachstum bei den Software-Diensten bietet den europäischen Anbietern die große Chance, ihre Position zu stärken

      5g

      5G-Netze und Multi-Cloud-Computing (als Mittel zur Risikominderung) eröffnen weitere Möglichkeiten

      Zentrale Fragestellungen

      click icon

      Die Cloud-Nutzung in der EU nimmt nur sehr langsam zu

      Trotz eines gewissen Wachstums in den letzten Jahren ist die Nutzung von Cloud-Diensten in der EU nach wie vor gering. Laut Eurostat-Daten nutzten im Jahr 2020 nur 36 % der EU-Unternehmen Cloud-Dienste (was gegenüber 2018 zwar eine Verbesserung darstellt), dies aber hauptsächlich für einfache Dienste wie E-Mail und Datenspeicherung.

      click icon

      Geringer Marktanteil der EU-Akteure

      Auf den größten Cloud-Betreiber mit Sitz in der EU entfallen weniger als 1 % der auf dem europäischen Markt erwirtschafteten Gesamteinnahmen. Zum Vergleich: die vier weltweit führenden Unternehmen (Amazon Web Services, Microsoft Azure, Google Cloud und Alibaba Cloud) werden im Jahr 2021 mehr als 80 % der weltweiten Einnahmen erzielen. Die Marktposition und die Größe dieser Hyperscaler machen den Markteintritt anderer Wettbewerber weniger lohnend und stehen einer europäischen Führungsrolle entgegen.

      click icon

      Investitionsdefizit

      Verschärft wird diese Situation durch ein Investitionsdefizit. Schätzungen zufolge investiert die EU jährlich 11 Milliarden Euro weniger in Cloud-Technologien als die Vereinigten Staaten und China.

      click icon

      Bedenken europäischer Nutzer

      Cloud-Nutzer haben in der Praxis, wenn überhaupt, nur sehr begrenzte Möglichkeiten, zwischen verschiedenen Cloud-Diensteanbietern zu wechseln. Auch aus Gründen des Schutzes personenbezogener Daten, der Cybersicherheit oder der Frage des anwendbaren Rechts bestehen Bedenken gegen die Nutzung ausländischer Cloud-Dienste.

      Dokumente

       

      5. MAI 2021
      Staff working document - Strategic dependencies and capacities
      English
      (3.96 MB - PDF)
      Herunterladen