Im Zusammenhang mit der Aktualisierung der Industriestrategie hat die Europäische Kommission eingehende Überprüfungen einer Reihe von Bereichen durchgeführt, die als Bereiche von strategischer Bedeutung für die Interessen Europas anzusehen sind. Dabei hat sie die Art etwaiger strategischer Abhängigkeiten und deren Auswirkungen sowie politische Abhilfemaßnahmen untersucht, die in einigen Bereichen bereits im Gange sind. Die Bewertungen sind nicht als umfassende Analyse aller möglichen strategischen Abhängigkeiten der EU zu betrachten, sondern vielmehr als erste Phase der Bewertung einer Reihe von wichtigen Bereichen.
Metalle und Mineralien gehören zu unserem täglichen Leben. Mit dem Übergang der europäischen Industrie zur Klimaneutralität droht die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen durch eine Abhängigkeit von nichtenergetischen Rohstoffen abgelöst zu werden. Der Zugang zu Ressourcen ist für die gesamte EU-Industrie von zentraler Bedeutung und Grundvoraussetzung für das Ziel Europas, den Grünen Deal zu verwirklichen und den digitalen Wandel der EU-Wirtschaft zu vollziehen.
Da die EU nicht alle Rohstoffe erzeugt, die wir zur Deckung unseres Bedarfs brauchen, steht die Industrie der EU beim Zugang zu Rohstoffen im globalen Wettbewerb.
Die Kommission hat in ihre Liste der kritischen Rohstoffe 2020 30 kritische Rohstoffe aufgenommen. Dabei handelt es sich um wirtschaftlich besonders wichtige Rohstoffe mit hohem Versorgungsrisiko.
Seltene Erden kommen in Magneten für Elektrofahrzeuge und Windkraftanlagen zum Einsatz
Gallium und Indium sind für die Leuchtdiodentechnologie (LED) in Lampen erforderlich
Siliziummetall wird in Halbleitern verwendet
Metalle der Platingruppe werden in Wasserstoffbrennstoffzellen und Elektrolyseuren benötigt
Verschiedene strategische Sektoren und Technologien sind auf den Zugang zu kritischen Rohstoffen angewiesen
Das weltweite Angebot ist bei einigen Rohstoffen stark auf bestimmte Länder konzentriert
- Die EU bezieht 98 % ihres Bedarfs an seltenen Erden aus China.
- Die EU bezieht 98 % ihres Bedarfs an Borat aus der Türkei.
- Die EU bezieht 71 % ihres Bedarfs an Platin aus Südafrika.
- Bei der Versorgung mit Hafnium und Strontium ist die EU von einzelnen Unternehmen abhängig.
Über 70 % der weltweiten Produktion von Kobalt, seltenen Erden und Wolfram unterliegen Ausfuhrbeschränkungen.
Die Nachfrage nach wichtigen Rohstoffen für erneuerbare Energie und E-Mobilität wird zwischen 2030 und 2050 um ein Vielfaches ansteigen
In ihrem Aktionsplan für kritische Rohstoffe 2020 hat die EU verschiedene Maßnahmen skizziert, die zum Aufbau einer widerstandsfähigen Rohstoffversorgungskette beitragen sollen. Ressourcensicherheit erfordert eine Diversifizierung der Versorgung sowohl aus primären als auch aus sekundären Quellen, einen Abbau von Abhängigkeiten und eine Verbesserung der Ressourceneffizienz und Zirkularität – auch durch nachhaltiges Produktdesign. Zu den wichtigsten Maßnahmen der Kommission gehören:
Die Europäische Rohstoffallianz
Ziel der 2020 ins Leben gerufenen Allianz ist der Aufbau einer widerstandsfähigen Rohstoffversorgungskette mit besonderem Fokus auf seltenen Erden für Magneten und Motoren. Zu diesem Zweck hat die Allianz bereits Investitionsvorhaben der Mitgliedstaaten und der Industrie benannt, die dazu beitragen sollen, die europäische Produktion von Magneten aus seltenen Erden zu steigern.
Sonstige Maßnahmen zur Unterstützung von Projekten zu kritischen Rohstoffen
- Zwei wichtige Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse (IPCEI) im Bereich der Batterie-Wertschöpfungskette
- Investitionsmöglichkeiten im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität
- 300 Millionen Euro für Forschung und Innovation im Rahmen von Horizont Europa
- Strategische internationale Partnerschaften zur Sicherung einer diversifizierten und nachhaltigen Versorgung mit kritischen Rohstoffen
- Unterstützung des Geschäftsmodells „Produkt als Dienstleistung“, um Anreize für das Recycling und die Wiederverwendung von Rohstoffen zu schaffen
- Rückverfolgbarkeit von Rohstoffen durch Technologie und harmonisierte Datenanforderungen
- Verbesserung der Genehmigungsverfahren zur Gewährleistung der Vorhersehbarkeit und Aufrechterhaltung hoher Umweltstandards
- Entwicklung von Nachhaltigkeitsgrundsätzen für Rohstoffe in der EU
Arzneimittel sind unverzichtbar für die Gesellschaft. Sie werden für die Diagnose, Behandlung und Prävention von Krankheiten ebenso benötigt wie für die Abwehr von Bedrohungen der öffentlichen Gesundheit wie aktuell COVID-19 oder mögliche künftige Pandemien. Vor diesem Hintergrund ist unabdingbar, den Zugang der Menschen zu sicheren, wirksamen und hochwertigen Arzneimitteln zu erschwinglichen Preisen sicherzustellen. Unserer Analyse zufolge ist die EU jedoch bei einer Reihe von Ressourcen und Produkten des Gesundheitsökosystems offenbar von drittstaatlichen Versorgungsketten abhängig.
Aufgrund ihrer Komplexität ist die Arzneimittelversorgungskette anfällig für vielerlei Störungen innerhalb und außerhalb der EU, deren Ursachen von Handelsstreitigkeiten, Cyberangriffen, unkoordinierten Bevorratungen und Ausfuhrbeschränkungen über Störungen der Logistik, Standortschließungen und Betriebsunfälle bis hin zur Nichteinhaltung der guten Herstellungspraxis (GHP) reichen können.
Die Arzneimittelversorgungskette ist zu einer der am stärksten integrierten Versorgungsketten der Welt geworden. Insbesondere die Herstellung generischer pharmazeutischer Wirkstoffe unterliegt einer starken regionalen Konzentration. Darüber hinaus ist bei in Indien und China hergestellten Generika weiterhin ein Aufwärtstrend zu verzeichnen.
Geografische Verteilung des globalen Produktionswertes bei generischen pharmazeutischen Wirkstoffen (2015)
- 66 % im asiatisch-pazifischen Raum (Indien und China)
- 24 % in der EU
- 3 % in Nordamerika
- 7 % in der übrigen Welt
Die EU verfügt über eine starke Produktionskapazität. Es ist jedoch nicht hinreichend klar, inwieweit die EU hinsichtlich der für die Herstellung pharmazeutischer Wirkstoffe erforderlichen Verfahren und Ressourcen auf Kapazitäten in Drittstaaten angewiesen ist. Es muss unbedingt festgestellt werden, bei welchen für die öffentliche Gesundheit wichtigen kritischen Produkten die EU nicht über ausreichende Produktionskapazität verfügt. Zu diesem Zweck hat die Kommission die folgende Initiative ins Leben gerufen:
Strukturierter Dialog über die Sicherheit der Arzneimittelversorgung
Wie in der Arzneimittelstrategie für Europa angekündigt, hat die Kommission mit den maßgeblichen öffentlichen und privaten Akteuren der Arzneimittelversorgungskette einen strukturierten Dialog mit den folgenden Zielsetzungen eingeleitet:
- Zunächst muss ein besseres Verständnis für Schwachstellen und potenzielle Abhängigkeiten entwickelt werden.
- Anschließend müssen Maßnahmen getroffen werden, um die Widerstandsfähigkeit der Arzneimittelversorgungsketten zu erhöhen und die Arzneimittelversorgung der Patienten in der EU sicher zu gewährleisten.
Batterien sind für den ökologischen und digitalen Wandel der EU unverzichtbar. Sie sind entscheidend für die Verwirklichung des EU-Ziels im Rahmen des Europäischen Grünen Deals, bis 2050 klimaneutral zu werden. Darüber hinaus verhelfen sie Unternehmen zu weltweiter Spitzenposition bei sauberen Produkten und Technologien. Besonders wichtig sind Batterien für die Herstellung von Elektrofahrzeugen. Sie werden zunehmend für die Energiespeicherung sowie für weitere industrielle Anwendungen wie Maschinen, Elektrowerkzeuge, Gabelstapler genutzt.
Zwar gibt es unterschiedliche Batterietechnologien, doch sind Lithium-Ionen-Batterien für viele Anwendungen unverzichtbar, da ihre Leistung verschiedenen altbewährten und ausgereiften Technologien überlegen ist.
Weltweite Produktionskapazität für Li-Ion-Akkus im Jahr 2018
Schlüsselfaktoren für die Steigerung der Produktionskapazität
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Li-Ion-Akkus können heute 300 % mehr Energie speichern als 1991 | Sinkende Kosten (1100 US-Dollar/kWh im Jahr 2010 – > 156 US-Dollar/kWh im Jahr 2019) |
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Die weltweite Nachfrage soll den Erwartungen zufolge bis 2040 auf 4000 Gigawattstunden (GWh) ansteigen, gegenüber 90 GWh im Jahr 2016 | Die europäische Nachfrage soll den Erwartungen zufolge bis 2028 auf 400 GWh ansteigen |
Zentrale Fragestellungen
Der Zugang zu den benötigten Rohstoffen ist für die Batterieherstellung von entscheidender Bedeutung
Die EU erzeugt nur 1 % aller Rohstoffe für Batterien. Um den Bedarf der Sektoren Mobilität und Energiespeicherung zu decken, braucht die EU:
- 7-18-mal mehr Lithium bis 2030
- 2-5-mal mehr Kobalt bis 2030
- 16-57-mal mehr Lithium bis 2050
- 3-15-mal mehr Kobalt bis 2050
- 84 % der verarbeiteten Materialien und Komponenten stammen aus Asien
- 8-9 % der verarbeiteten Materialien und Komponenten stammen aus der EU
- Mehrere Investitionen in Batteriegrundstoffe in der EU angekündigt, aber zusätzliche Investitionen erforderlich
Angesichts der Bedeutung von Li-Ion-Akkus hat die Kommission einen strategischen Aktionsplan zum Aufbau einer europäischen Wertschöpfungskette angenommen. Als Reaktion darauf wurden in den letzten Jahren umfangreiche öffentliche und private Investitionen im Rahmen der folgenden Initiativen angestoßen:
Europäische Batterie-Allianz
Die 2017 ins Leben gerufene Europäische Batterie-Allianz unterstützt den Aufbau einer innovativen, wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Batterie-Wertschöpfungskette in Europa. Insbesondere trägt sie dazu bei, den Mangel an Herstellungskapazitäten in der EU zu überwinden. Zu den angestrebten Zielen gehören:
- die Errichtung von mindestens 15 Gigafabriken in der EU bis 2025
- die Lieferung von Batteriezellen für sechs Millionen Elektrofahrzeuge (360 GWh) bis 2025
Europa könnte bis 2024 zum zweitgrößten Hersteller von Li-Ion-Zellen werden. Unser Anteil an der weltweiten Produktionskapazität könnte bis 2024 auf 14,7 % und bis 2029 auf 16,6 % steigen, gegenüber 5,9 % im Jahr 2019.
Gesamtinvestitionen
Elektromobilität |
60 Milliarden Euro überwiegend private Investitionen in die Wertschöpfungskette der Elektromobilität in Europa allein im Jahr 2019 |
3,5-mal so hoch wie in China |
Forschung |
Rund 270 Millionen Euro aus EU-Forschungsprogrammen im Zeitraum 2019-2020 |
925 Millionen Euro für die neue europäische Partnerschaft für eine industrielle Wertschöpfungskette für Batterien im Rahmen von Horizont Europa vorgeschlagen |
Wichtige Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse (IPCEI) |
Erste IPCEI-Zuschüsse: Staatliche Beihilfen in Höhe von 3,2 Milliarden Euro, die weitere Investitionen des Privatsektors in Höhe von 5 Milliarden Euro mobilisieren dürften |
Weitere IPCEI-Zuschüsse: Staatliche Beihilfen in Höhe von 2,9 Milliarden Euro, die weitere Investitionen des Privatsektors in Höhe von 9 Milliarden Euro mobilisieren dürften |
Weitere laufende Initiativen
- Neuer Rechtsrahmen für Batterien wird voraussichtlich 2022 in Kraft treten
- Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Wertschöpfungsketten für kritische Rohstoffe in der EU
- Gewährleistung eines wirksamen Einsatzes der im Rahmen von Horizont Europa für die Batterieforschung bereitgestellten Mittel
- Aufbau eines qualifizierten europäischen Arbeitskräftepotenzials im Batteriesektor
Erneuerbarer oder CO2-armer Wasserstoff wird bei der Bewältigung kritischer Herausforderungen im Zusammenhang mit der Dekarbonisierung und dem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der EU-Industrie von entscheidender Bedeutung sein. Die EU ist bei mehreren sauberen Wasserstofftechnologien technologisch führend und die Hälfte der Hersteller von Elektrolyseuren sind in Europa ansässig. Die EU ist jedoch von der Einfuhr von Rohstoffen für Schlüsselkomponenten und von der Versorgung mit erneuerbaren Energien abhängig.
Für Wasserstoff gibt es ein breites Spektrum an Anwendungen in verschiedenen industriellen Ökosystemen wie der chemischen Industrie und der Raffinerieindustrie, aber auch in den Bereichen Mobilität, Energiespeicherung und Heizung. Er weist einen hohen Energiegehalt pro Masseneinheit auf, so dass er sich z. B. für den Schwerverkehr eignet. Für die Gewinnung von Wasserstoff muss jedoch zunächst Energie zugeführt werden – entweder aus Erdgas oder durch Wasser-Elektrolyse.
Angestrebte Erhöhung der Leistung von mit erneuerbarer Energie betriebenen Elektrolyseuren
Die einzelnen Schritte des Fahrplans für ein europäisches Wasserstoff-Ökosystem
- Bis 2024
Die Kommission wird die Installation von Elektrolyseuren für erneuerbaren Wasserstoff mit mindestens 6 GW Leistung sowie die Erzeugung von bis zu 1 Mio. Tonnen erneuerbarem Wasserstoff in der EU fördern.
- 2025 bis 2030
Wasserstoff muss zu einem festen Bestandteil unseres integrierten Energiesystems werden. Etappenziele sind die Installation von Elektrolyseuren für erneuerbaren Wasserstoff mit mindestens 40 GW Leistung und die Erzeugung von bis zu 10 Mio. Tonnen erneuerbarem Wasserstoff in der EU.
- Ab 2030
Ab 2030 wird erneuerbarer Wasserstoff in großem Maßstab in allen schwer zu dekarbonisierenden Wirtschaftszweigen eingesetzt.
Zur Dekarbonisierung wichtiger Sektoren (z. B. Stahl, Chemikalien oder Schwerverkehr) ist eine zuverlässige Versorgung mit sauberem Wasserstoff in großen Mengen erforderlich. Die noch unzureichende Versorgung mit erneuerbarem und CO2-armem Wasserstoff und die mangelnde Infrastruktur könnten Investitionsentscheidungen im nachgelagerten Bereich verzögern.
- Bis 2030 werden zur Bereitstellung des erforderlichen Stroms Solar- und Windenergieerzeugungskapazitäten mit einer Leistung von 80 bis 120 GW benötigt
Die EU ist von der Einfuhr von Rohstoffen für Schlüsselkomponenten (wie Elektrolyseure und Brennstoffzellen) abhängig, die für die Wasserstoffwirtschaft benötigt werden.
- Für die Herstellung von Brennstoffzellen, Elektrolyseuren und Wasserstoffspeichertechnologien werden rund 30 Rohstoffe benötigt. 13 davon gelten als kritische Rohstoffe.
- Europäische Wasserstoff-Allianz: Die Kommission hat die in der Industriestrategie vom März 2020 angekündigte Europäische Allianz für sauberen Wasserstoff ins Leben gerufen. Diese arbeitet derzeit am Aufbau einer Investitions- und Projektpipeline zur Umsetzung der Wasserstoffstrategie der EU.
- EU-Förderung: Mehrere Programme können zum Aufbau einer Wasserstoffwertschöpfungskette beitragen, so die künftige Partnerschaft für sauberen Wasserstoff im Rahmen von Horizont Europa, der Innovationsfonds, die Fazilität „Connecting Europe“, der Europäische Fonds für regionale Entwicklung und der Fonds für einen gerechten Übergang.
- Wichtige Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse (IPCEI): In diesem Zusammenhang werden derzeit unter Beteiligung mehrerer Mitgliedstaaten Gespräche über die Konzeption eines oder mehrerer potenzieller IPCEI geführt.
- Zusammenarbeit mit Drittstaaten: Für die Entstehung eines globalen, regelbasierten Wasserstoffmarktes wird die weltweite Zusammenarbeit in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Standards und Definitionen für sauberen Wasserstoff von entscheidender Bedeutung sein.
- Abhängigkeiten Im Rahmen des Aktionsplans für Rohstoffe und der Europäischen Rohstoffallianz wird an Maßnahmen zum Abbau der Abhängigkeiten bei Brennstoffzellen und Elektrolyseuren gearbeitet.
Halbleiter kommen in intelligenten Geräten und Diensten zum Einsatz, die wir tagtäglich nutzen. Sie sorgen dafür, dass die Schlüsselindustrien innovativ und weltweit wettbewerbsfähig sind, so dass Europa überaus leistungsfähige Prozessoren konzipieren und produzieren kann. Begrenzte Produktionskapazitäten, hohe Zugangskosten und das Fehlen gleicher Wettbewerbsbedingungen gefährden jedoch die Fähigkeit der EU, die Chancen des digitalen Wandels in vollem Umfang zu nutzen.
Die jüngsten Engpässe in der Automobilindustrie veranschaulichen die anstehenden Herausforderungen für die EU. Halbleiterchips sind die grundlegenden Bausteine aller digitalen Produkte und Dienstleistungen. Sie sind in Autos, Flugzeugen, medizinischen Geräten, Mobiltelefonen, Netzwerken und Supercomputern eingebettet.
Zentrale Fragestellungen
Die Konzeption und Entwicklung hochmoderner Chips kann bis zu eine Milliarde Euro kosten. Eine führende Fabrikationsanlage erfordert Investitionen in Höhe von bis zu 20 Milliarden Euro. 2020 produzierten nur zwei Hersteller, nämlich TSMC (Taiwan) und Samsung (Südkorea), hochmoderne Chips.
Bei allgemeinen Design-Werkzeugen ist die EU hochgradig abhängig von den Vereinigten Staaten und bei der Herstellung hochmoderner Chips von Asien.
Geopolitische Spannungen und das Fehlen gleicher Wettbewerbsbedingungen beeinträchtigen den Wettbewerb in diesem Sektor. Die Entwicklung und Herstellung von Chips wurde zunehmend massiv subventioniert.
Der Anteil der EU an den weltweiten Einnahmen beträgt insgesamt etwa 10 % und in den Segmenten Datenverarbeitung und Kommunikation rund 6 %.
- Stärkung der Technologien: Gemeinsame europäische Maßnahmen und Initiativen müssen gezielt auf den Ausbau von Kapazitäten in den Bereichen Prozessoren und Halbleitertechnologien ausgerichtet sein, um Leistungsfähigkeit und Energieeffizienz in der Datenverarbeitung, Kommunikation, Infrastruktur und den zahllosen KI-Anwendungen zu gewährleisten.
- Eine gemeinsame europäische Anstrengung: Im Dezember 2020 hat sich ein Großteil der Mitgliedstaaten in einer gemeinsamen Erklärung dazu verpflichtet, zusammen darauf hinzuarbeiten, das industrielle Ökosystem zu stärken und die industrielle Präsenz über die gesamte Versorgungskette hinweg auszubauen.
- Allianz für Prozessoren und Halbleitertechnologien: Die Kommission arbeitet derzeit daran, die Allianz auf den Weg zu bringen, um eine Vielzahl von Interessenträgern zusammenzuführen. Die Allianz wird dazu beitragen, die wichtigsten politischen Ziele der EU im Bereich der Mikroelektronik zu verwirklichen.
- Aufbau- und Resilienzfazilität: Halbleiter gehören zu den Bereichen, die im Einklang mit den EU-Beihilfevorschriften für Investitionen im Rahmen der Fazilität infrage kommen. 20 % der Mittel der Aufbau- und Resilienzpläne der Mitgliedstaaten sind für den digitalen Wandel veranschlagt.
- Regelungsrahmen: Der Erwerb von Unternehmen, die von der EU und den Mitgliedstaaten finanziell unterstützt worden sind, hatte Auswirkungen auf den Sektor. Die EU-Verordnung über die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen (ADI) erlaubt eine Einschätzung der Gefahren, die von Investitionen aus Drittstaaten für die Sicherheit und die öffentliche Ordnung in den Mitgliedstaaten ausgehen. In der unlängst vorgeschlagenen Verordnung über drittstaatliche, Verzerrungen im Binnenmarkt verursachende Subventionen ist ein neues Instrument zur Bewertung von Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt durch Subventionen ausländischer Regierungen vorgesehen.
- Widerstandsfähigkeit der Versorgungskette: Eine kohärente Kombination aus Industrie-, Forschungs- und Handelspolitik kann den Prozess der Diversifizierung hin zu alternativen Versorgungsquellen erleichtern und die bestehenden Versorgungsketten durch Partnerschaften und Zusammenarbeit mit globalen Partnern stärken.
Daten werden werden zunehmend zu einer strategischen Ressource für jede Organisation. Cloud-Computing macht Technologien wie KI, das Internet der Dinge und 5G/6G möglich. Es handelt sich um eine strategische Schlüsseltechnologie für eine grüne und digitale Zukunft der Industrie und des öffentlichen Sektors in Europa. Die EU hat in den nächsten zehn Jahren die einzigartige Chance, ihre Marktstellung im Bereich der Datenverarbeitungstechnologien zu stärken, indem sie sich die anstehenden Veränderungen, insbesondere im Bereich Edge-Computing, zunutze macht.
Cloud-Technologien bieten eine bedarfsorientierte, flexible und kostengünstige Datenspeicherung und -verarbeitung. Sie werden in zentralen Rechenzentren, dezentralen Einrichtungen oder auf verbundenen Geräten in der Nähe des Nutzers (Edge-Computing) betrieben. Viele Dienste, die Unternehmen, Behörden und Privatpersonen täglich nutzen, basieren auf Cloud-Computing.
Autonomiechancen für die EU
aller erzeugten Daten dürften bis 2025 am Netzwerkrand verarbeitet werden, ohne dass es derzeit marktbeherrschende Marktteilnehmer gäbe
Das starke Wachstum bei den Software-Diensten bietet den europäischen Anbietern die große Chance, ihre Position zu stärken
5G-Netze und Multi-Cloud-Computing (als Mittel zur Risikominderung) eröffnen weitere Möglichkeiten
Trotz eines gewissen Wachstums in den letzten Jahren ist die Nutzung von Cloud-Diensten in der EU nach wie vor gering. Laut Eurostat-Daten nutzten im Jahr 2020 nur 36 % der EU-Unternehmen Cloud-Dienste (was gegenüber 2018 zwar eine Verbesserung darstellt), dies aber hauptsächlich für einfache Dienste wie E-Mail und Datenspeicherung.
Auf den größten Cloud-Betreiber mit Sitz in der EU entfallen weniger als 1 % der auf dem europäischen Markt erwirtschafteten Gesamteinnahmen. Zum Vergleich: die vier weltweit führenden Unternehmen (Amazon Web Services, Microsoft Azure, Google Cloud und Alibaba Cloud) werden im Jahr 2021 mehr als 80 % der weltweiten Einnahmen erzielen. Die Marktposition und die Größe dieser Hyperscaler machen den Markteintritt anderer Wettbewerber weniger lohnend und stehen einer europäischen Führungsrolle entgegen.
Verschärft wird diese Situation durch ein Investitionsdefizit. Schätzungen zufolge investiert die EU jährlich 11 Milliarden Euro weniger in Cloud-Technologien als die Vereinigten Staaten und China.
Cloud-Nutzer haben in der Praxis, wenn überhaupt, nur sehr begrenzte Möglichkeiten, zwischen verschiedenen Cloud-Diensteanbietern zu wechseln. Auch aus Gründen des Schutzes personenbezogener Daten, der Cybersicherheit oder der Frage des anwendbaren Rechts bestehen Bedenken gegen die Nutzung ausländischer Cloud-Dienste.
- Allianz für Industriedaten, Spitzen- und Cloudtechnologien: Die Kommission bereitet den Weg für diese Allianz, die ein breites Spektrum von Interessenträgern zusammenbringen und dazu beitragen soll, die Stellung der europäischen Industrie auf dem globalen Markt für Cloud- und Edge-Computing zu stärken; dabei wird insbesondere auf den Trend zu einer stärkeren Verbreitung und Dezentralisierung von Datenverarbeitungskapazitäten und auf die Notwendigkeit, die Voraussetzungen für zusammengeschlossene und nicht anbietergebundene Cloud-Ökosysteme zu schaffen, reagiert.
- EU-Investitionen in den europäischen Cloud-Zusammenschluss: Unser Ziel ist es, in der Zeit von 2021 bis 2027 in gemeinsame europäische Datenräume und einen europäischen Cloud-Zusammenschluss zu investieren. Die EU-Investitionen werden über das Programm „Digitales Europa“, die Fazilität „Connecting Europe“ und Horizont Europa abgewickelt.
- Private und nationale Koinvestitionen: Im Oktober 2020 unterzeichneten alle Mitgliedstaaten eine gemeinsame Erklärung, in der sie übereingekommen waren, die bestehenden Kapazitäten auszubauen, das Cloud-Angebot der nächsten Generation zu gestalten und die Nutzung von Cloud-Diensten in der gesamten EU zu fördern. Für ihre Investitionen können die Mitgliedstaaten vor allem die Aufbau- und Resilienzfazilität (im Rahmen von NextGenerationEU) nutzen.
- Wichtiges Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse (IPCEI): Mehrere Mitgliedstaaten haben einen Prozess eingeleitet, um gemeinsam ein mögliches IPCEI mit Schwerpunkt auf Cloud- und Edge-Infrastrukturen und -Diensten der nächsten Generation vorzubereiten.
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