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Mechanismus der Subsidiaritätskontrolle

Der Grundsatz der Subsidiarität bedeutet, Maßnahmen nur dann auf EU-Ebene zu treffen, wenn sie wirksamer als Maßnahmen einzelner EU-Länder auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene sind. Sind die nationalen Parlamente der Auffassung, dass ein Gesetzesvorschlag gegen den Grundsatz der Subsidiarität verstößt, können sie ihre Ansichten im Rahmen des Mechanismus der Subsidiaritätskontrolle äußern. 

Funktionsweise

Der Subsidiaritätskontrollmechanismus wird in Bereichen angewendet, in denen die EU die Zuständigkeit mit den Mitgliedstaaten teilt.

In den Fällen, in denen nationale Parlamente der Auffassung sind, dass der Entwurf eines Gesetzgebungsakts nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar ist, können sie der Kommission innerhalb von acht Wochen eine mit Gründen versehene Stellungnahme zukommen lassen.

Die Kommission muss die begründeten Stellungnahmen berücksichtigen.

Stellungnahmen der nationalen Parlamente und Antworten der Kommission

Auswirkungen auf das Gesetzgebungsverfahren

Inwiefern sich die begründeten Stellungnahmen auf das Gesetzgebungsverfahren auswirken, hängt davon ab, wie viele nationale Parlamente reagieren und wie viele Stimmen sie vertreten. Jedes der 28 nationalen Parlamente hat zwei Stimmen. Wenn das jeweilige Parlament zwei Kammern hat, haben diese jeweils eine Stimme.  

Erreicht die Anzahl begründeter Stellungnahmen mindestens ein Drittel der Gesamtzahl der den nationalen Parlamenten zugewiesenen Stimmen, muss die Kommission ihren Vorschlag überarbeiten. Diese Schwelle ist zu einem Viertel niedriger für Entwürfe von Rechtsakten in den Bereichen Justiz, Freiheit und Sicherheit. In beiden Fällen kann die Kommission entscheiden, ob sie ihren Vorschlag aufrechterhalten, zurückziehen oder ändern möchte, und muss ihren Beschluss begründen. Dies wird als Verfahren der „gelben Karte“ bezeichnet.

Erreicht die Anzahl begründeter Stellungnahmen die Mehrheit der Stimmen und fällt der Entwurf eines Rechtsakts unter das ordentliche Gesetzgebungsverfahren, muss die Kommission ihren Vorschlag überprüfen und entscheiden, ihn aufrechtzuerhalten, zu ändern oder zurückzuziehen. Beschließt die Kommission, ihren Vorschlag aufrechtzuerhalten, so muss sie vor dem EU-Parlament und dem Rat begründen, weshalb der Vorschlag mit dem Grundsatz der Subsidiarität vereinbar ist. Dies wird als Verfahren der „orangen Karte“ bezeichnet.

Sind eine einfache Mehrheit der Mitglieder des EU-Parlaments oder 55 % der Mitglieder des Rates der Auffassung, dass der Vorschlag den Grundsatz der Subsidiarität verletzt, so wird der Vorschlag nicht weiter verfolgt.

Bisher eingeleitete Verfahren

Bisher wurde das Verfahren der „gelben Karte“ dreimal und das Verfahren der „orangen Karte“ noch nie eingeleitet.

2012

Der Schwellenwert von mindestens einem Drittel der den nationalen Parlamenten zugewiesenen Stimmen wurde zum ersten Mal bei einem Vorschlag für eine Verordnung über die Ausübung des Rechts auf Durchführung kollektiver Maßnahmen erreicht. Die Kommission überprüfte ihren Vorschlag, fand jedoch keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Subsidiarität.

Sie nahm jedoch die verschiedenen Standpunkte und die Diskussionen zwischen den Mitgesetzgebern (EU-Parlament und Rat) zur Kenntnis und kam zu dem Schluss, dass ihr Vorschlag kaum die für seine Annahme notwendige politische Unterstützung erhalten würde. Sie beschloss daher, ihren Vorschlag zurückzuziehen.

2013

Das zweite Verfahren der „gelben Karte“ wurde im Jahr 2013 im Zusammenhang mit dem Kommissionsvorschlag für eine Verordnung über die Einrichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft ausgelöst. Nach sorgfältiger Prüfung der begründeten Stellungnahmen kam die Kommission zu dem Schluss, dass der Vorschlag mit dem Grundsatz der Subsidiarität vereinbar sei, und hielt den Vorschlag aufrecht. Sie begründete ihre Entscheidung in der Mitteilung KOM(2013) 851.

2016

Das Verfahren wurde zum dritten Mal im Mai 2016 ausgelöst, nachdem sich 14 Parlamentskammern in 11 EU-Ländern gegen den Vorschlag der Kommission zur Überarbeitung der Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern ausgesprochen hatten. Nach sorgfältiger Prüfung der begründeten Stellungnahmen kam die Kommission zu dem Schluss, dass der Vorschlag mit dem Grundsatz der Subsidiarität vereinbar sei, und beschloss, ihn aufrechtzuerhalten. Sie begründete ihre Entscheidung in der Mitteilung COM(2016) 505.

Jahresberichte

Die Kommission berichtet jährlich über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit.

Jahresberichte über Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit

Documents

7. JUNI 2016
Protocol no. 2 on the application of the principles of subsidiarity and proportionality

7. JUNI 2016
Letter from President Barroso and Vice-President Wallström to the Presidents of the national Parliaments on practical arrangements for applying the subsidiarity control mechanism - 1 December 2009