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Europäische Kommission
  • Presseartikel
  • 16. Februar 2022
  • Brüssel
  • Generaldirektion Energie
  • Lesedauer: 6 Min

Im Fokus: Wie kann die EU von Energiearmut betroffenen Menschen helfen?

2020 konnten rund 36 Millionen Menschen in Europa ihre Wohnung nicht angemessen heizen. Die Zahl der von Energiearmut betroffenen Bürgerinnen und Bürger in der EU liegt allerdings deutlich höher, wenn alle Aspekte rund um dieses Thema berücksichtigt werden, etwa Schwierigkeiten beim Bestreiten wichtiger Haushaltsausgaben oder mangelnder Komfort in der Wohnung und am Arbeitsplatz. All das kann sich negativ auf die Gesundheit von Menschen auswirken. Der jüngste Anstieg der Energiepreise und der Einfluss der Coronakrise haben die ohnehin schon schwierige Lage finanzschwacher Haushalte vermutlich noch verschlimmert.

Was ist „Energiearmut“?

Energiearmut resultiert aus einer Kombination von niedrigem Einkommen, daran gemessen hohen Energiekosten und geringer Energieeffizienz insbesondere von Gebäuden. Probleme beim Begleichen der Energierechnungen oder mangelnde Wärmedämmung wegen Unerschwinglichkeit von Isolationsmaterial sind typischer Ausdruck von Energiearmut.

Meistens ist Energiearmut das Ergebnis verschiedener Faktoren mit ernsten Auswirkungen auf die Gesundheit, das Wohlbefinden, die soziale Integration und die Lebensqualität der betroffenen Bürgerinnen und Bürger. Folglich kann die Bekämpfung der Energiearmut das Leben schutzbedürftiger Verbraucherinnen und Verbraucher deutlich verbessern und den Gesellschaften in der EU insgesamt zugutekommen.

Die EU-Politik zur Bekämpfung der Energiearmut

Während die Mitgliedstaaten eigene Ansätze zur Bewältigung von Armutsproblemen haben, rückte die Europäische Kommission im letzten Jahrzehnt die Energiearmut stärker ins Blickfeld. Gleichzeitig wurde dem Kampf gegen die Energiearmut in den EU-Politikfeldern der Energieeffizienz, des Kohleausstiegs und des Übergangs zu sauberer Energie in den letzten Jahren ein höherer Stellenwert eingeräumt.

Mit dem Paket „Saubere Energie für alle Europäer“ verpflichtete sich die EU 2019, Maßnahmen für schutzbedürftige Verbraucher/innen zu ergreifen, und erklärte die Energiearmut zu einer ihrer politischen Prioritäten. Mit dem Paket wurde auch das Instrument der Nationalen Energie- und Klimapläne (NECP) eingeführt, in denen alle EU-Länder nationale Zehnjahrespläne zur Erreichung der verschiedenen Energie- und Klimaziele umreißen. Dazu zählen auch Vorschriften zur Messung der Energiearmut und zu ihrer Bekämpfung, wann immer sie festgestellt wird. Der Schutz einkommensschwacher Energieverbraucher/innen und Vorschläge für geeignete Maßnahmen zur Minderung der Energiearmut in verschiedenen Zusammenhängen gehören ebenfalls dazu.

Im europäischen Grünen Deal,dem übergeordneten Wachstumsplan, mit dem die EU bis 2050 klimaneutral werden will, wird auch das Ziel betont, die Energiearmut zu mindern und eine gerechte Energiewende für alle zu unterstützen („niemanden zurückzulassen“). Zahlreiche europäische Länder haben bereits gezielte Maßnahmen in ihre nationalen Strategien einbezogen und entwickeln eigene Definitionen, Mess- und Überwachungsverfahren sowie Lösungen zur Bewältigung der Energiearmut. Namentlich gehören die Bekämpfung der Energiearmut und Maßnahmen für Gebäude mit besonders schlechter Energiebilanz zu den drei Kernzielen der 2020 vorgestellten „Renovierungswelle“. Das Ziel, die Renovierungsquote zu verdoppeln, findet sich in konkreterer Form in den gesetzgeberischen Vorschlägen der Kommission zur Überarbeitung der Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie und der weiter gefassten Energieeffizienzrichtlinie. 

Im Oktober 2021 veröffentlichte die Europäische Kommission ein Bündel von Maßnahmen, worin sie den europäischen Ländern Vorschläge machte, wie sie gegen die steigenden Energiepreise vorgehen und Verbraucher/innen und Unternehmen schützen können. Dazu zählen etwa Maßnahmen, mit denen die Energiekosten für alle Endverbraucher gesenkt werden können und ein Abstellen der Energieversorgung vermieden wird, wie auch staatliche Beihilfen, damit Unternehmen und Branchen unbeschadet durch die Krise kommen.

Beispiele für EU-Unterstützungsmaßnahmen

Im Zusammenhang mit dem Aufruf zur Einreichung von Forschungsprojekten zur Energieeffizienz im Jahr 2018, wurden drei Projekte zur Bewältigung der Energiearmut mit rund 6 Millionen Euro gefördert, nämlich STEP (Solutions to Tackle Energy Poverty)EmpowerMed und SocialWat. Mit diesen Projekten soll die Energiearmut in Zusammenarbeit mit den wichtigsten Beteiligten, darunter Versorgungsbetriebe, Verbraucherorganisationen und Verbraucher/innen, bekämpft werden. Daneben werden auch bewährte Verfahren auf der lokalen Ebene verbreitet, damit erfolgreiche Programme wiederholt und politische Empfehlungen abgegeben werden können.

Datenerhebung und Überwachung

Die Bekämpfung der Energiearmut genießt für die Gebietskörperschaften und die EU Priorität, und sie erfordert gemeinsame Anstrengungen auf allen Verwaltungsebenen – von der europäischen bis zur kommunalen – um Wirkung zu zeigen.

Auf nationaler Ebene gesammelte Daten bieten den politischen Entscheidungsträger(inne)n einen Einblick in das volle Ausmaß des Problems in jedem einzelnen Land der EU. Oft sind es die zentralen Behörden, die den nötigen Überblick und die zu diesem Zweck erforderlichen Instrumente haben. Dennoch sind Analyse und Bewertung auf regionaler und lokaler Ebene gleichermaßen wichtig. Ihre Sichtweise und die von ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen können bessere Aufschlüsse über die Gefährdung und die Situation bestimmter Bevölkerungsgruppen bieten. Daher muss ein auf die lokalen Bedürfnisse zugeschnittenes Vorgehen mit dem nationalen Politikrahmen Hand in Hand gehen. 

Die lokalen Gebietskörperschaften unternehmen große Anstrengungen bei der Bewältigung der sozialen, wirtschaftlichen und institutionellen Dimension der Energiearmut. Das ist eine komplexe Aufgabe, die eine ganze Reihe struktureller Herausforderungen mit sich bringt, wie etwa die richtige Bestimmung der Lage vor Ort, die Planung der wirkungsvollsten Gegenmaßnahmen und deren Umsetzung durch konkrete Aktionen.

Jede solide Politikgestaltung muss auf Fakten beruhen. Messung und Überwachung sind entscheidende Schritte für das Verständnis und die Bewertung von Energiearmut, wie auch für die Entwicklung wirkungsvoller, evidenzbasierter Maßnahmen zu ihrer Bewältigung. Die Energiearmut ist aufgrund ihrer privaten Natur – sie betrifft vor allem Privathaushalte – und ihrer Komplexität mit Einflussfaktoren wie der geografischen Lage und dem Zeitverlauf eine vielschichtige Herausforderung. Daher sind die Meinungen der Fachleute bislang geteilt, was die Festlegung geeigneter Indikatoren und Parameter für ihre Messung angeht.

Die Beratungsplattform Energiearmut

EPAH

Die Beratungsplattform Energiearmut (Energy Poverty Advisory Hub – EPAH) ist die wichtigste EU-Initiative in dieser Angelegenheit. Es handelt sich um ein Kooperationsnetzwerk von Interessenträgern mit dem Ziel, die Energiearmut zu beseitigen und die gerechte Energiewende in den lokalen Gebietskörperschaften zu beschleunigen. In einem Bottom-up-Ansatz bietet die EPAH Unterstützung bei der Einbeziehung der Perspektive der Energiearmut in die städtische Raum- und Energieplanung und trägt dazu bei, sie durchgängig in örtlichen Maßnahmen zu berücksichtigen, die durch den nationalen Politikrahmen gestützt werden.

In Fortsetzung der zuvor durch die Beobachtungsstelle für Energiearmut geleisteten Arbeit hat die EPAH ihr operatives und praktisches Fachwissen in die Praxis umgesetzt und lokale Energie- und Klimapläne entwickelt, um eine gerechte Klimawende sicherzustellen. Durch ihre Zusammenarbeit mit dem Konvent der Bürgermeister, dessen Unterzeichner sich verpflichtet haben, gegen die Energiearmut vorzugehen, unterstützt die EPAH aktiv die Zusage des Konvents, in seinen Kommunen für bezahlbare, sichere und nachhaltige Energie zu sorgen.

Die EPAH bietet eine Reihe von Ressourcen, die Interessenträger bei der Durchführung konkreter Aktionen zur Bekämpfung der Energiearmut anleiten:

  • Berichte, praktische Schritt-für-Schritt-Anleitungen und das Instrumentarium für Praktiken und Maßnahmen
  • den EPAH ATLAS, eine interaktive Online-Datenbank, in der Interessenträger örtliche und internationale Projekte zur weltweiten Bekämpfung der Energiearmut erkunden können
  • Online-Kurse zur Vermehrung des Wissens und zum Kapazitätsaufbau in Fragen der Energiearmut
  • Aufforderungen zu technischer Hilfe, mit der die lokalen Gebietskörperschaften bei ihren Schritten zur Bekämpfung der Energiearmut direkt unterstützt werden

Auskunft und Unterstützung in Sachen Energiearmut bietet der EPAH-Helpdesk unter infoatenergypoverty [dot] eu (info[at]energypoverty[dot]eu).

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Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
16. Februar 2022
Autor
Generaldirektion Energie
Ort
Brüssel