Zum Hauptinhalt

Wie wird der EU-Haushalt erstellt?

Das Annahmeverfahren für den Jahreshaushalt der Europäischen Union beginnt mit dem Entwurf des Haushaltsplans durch die Kommission, der von Rat und Parlament gebilligt werden muss. Er kann nach der Annahme geändert werden.

Das jährliche Haushaltsverfahren

Auf Grundlage der geltenden Verordnung zum mehrjährigen Finanzrahmen und der Haushaltsleitlinien für das folgende Jahr erstellt die Europäische Kommission den Entwurf des Haushaltsplans und legt ihn bis spätestens zum 1. September dem Europäischen Parlament und dem Rat vor. Zunächst verabschiedet der Rat bis zum 1. Oktober seinen Standpunkt zum Entwurf des Haushaltsplans (einschließlich Änderungen). Der Standpunkt des Parlaments folgt innerhalb von 42 Tagen (ebenfalls einschließlich Änderungen).

Sollten die Standpunkte von Rat und Parlament voneinander abweichen, wird ein Vermittlungsausschuss einberufen, der innerhalb von 21 Tagen nach Annahme des Standpunkts des Europäischen Parlaments eine Einigung auf einen gemeinsamen Text erzielen soll. Dieser gemeinsame Text wird 14 Tage nach der Einigung dem Rat und dem Parlament zur Genehmigung vorgelegt.

Vertrag von Lissabon, Artikel 310 bis 316

30. OKTOBER 2018
Budgetary Procedure

Mittelbindungen und Zahlungen

Ein wesentliches Charakteristikum des EU-Haushalts sind die getrennten Beschlüsse über die Mittelbindungen und die Zahlungen.

  • Eine Mittelbindung ist die Vormerkung von Mitteln zur Deckung künftiger Zahlungen aufgrund rechtlicher Verpflichtungen wie einer Auftragsvergabe, eines Beihilfeabkommens oder ganz allgemein zur Finanzierung von Maßnahmen, die mit Ausgaben verbunden sein können.
  • Zahlungen sind Mittelbereitstellungen für die Deckung von im laufenden Jahr fälligen Ausgaben aufgrund rechtlicher Verpflichtungen aus dem laufenden und/oder einem früheren Jahr.

Aus einem Beschluss über eine Mittelbindung folgt ein Zahlungsanspruch, aber nur, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt werden. Dieser Ansatz gewährleistet eine starke Haushaltskontrolle. Die Mittelbindungen sind relativ gleichmäßig über einen langfristigen Haushaltszeitraum (gewöhnlich sieben Jahre) verteilt, damit die Projektvergaben unterzeichnet werden können.

Was bedeutet „reste à liquider“ (RAL)?

Bei „reste à liquider“ (RAL oder abzuwickelnde Mittelbindungen) handelt es sich um die Gesamtheit der vereinbarten Mittelbindungen, die noch nicht in Zahlungen umgewandelt wurden.

Der EU-Haushalt ist ein Investitionshaushalt, aus dem Projekte mit langer Laufzeit finanziert werden – wie bei allen öffentlichen oder privaten Einrichtungen. Da aus dem EU-Haushalt mehrjährige Projekte finanziert werden, erfolgen auch die Zahlungen über mehrere Jahre.

Dies führt zu Situationen, in denen Zahlungen hinter den Mittelbindungen zurückbleiben – den RAL. Das liegt in der Natur der Dinge und ist kein Mangel. Es zeigt im Gegenteil, dass die Investitionsprojekte strengen Finanzkontrollen und Programmauflagen unterliegen.

1. JULI 2020
Reste à Liquider Factsheet

Das Verfahren im Einzelnen

Das jährliche Haushaltsverfahren, das in Artikel 314 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union festgelegt ist, dauert vom 1. September bis 31. Dezember.

Alle EU-Institutionen erstellen ihre jeweiligen Haushaltsvoranschläge gemäß ihren internen Verfahren und legen sie bis zum 1. Juli der Europäischen Kommission vor.

26. OKTOBER 2012
Treaty on the Functioning of the European Union

Entwurf des Haushaltsplans durch die Kommission

Die Kommission fasst diese Haushaltsvoranschläge zusammen und erstellt den jährlichen „Entwurf des Haushaltsplans“, der bis 1. September dem Rat und dem Europäischen Parlament vorgelegt werden muss. In der Praxis bemüht sich die Kommission, den Entwurf des Haushaltsplans bereits im Juni vorzulegen.

Lesung im Rat

Der Rat legt seinen Standpunkt zum Entwurf für den Haushaltsplan fest, fügt gegebenenfalls Berichtigungsschreiben bei und übermittelt ihn vor dem 1. Oktober dem Europäischen Parlament. Er unterrichtet das Europäische Parlament in vollem Umfang über die Gründe für seinen Standpunkt.

Lesung im Parlament

Das Parlament hat 42 Tage Zeit, um seine Änderungen am Standpunkt des Rates anzunehmen. Der Rat kann die Änderungen innerhalb von 10 Tagen akzeptieren und den Haushaltsentwurf annehmen.

Vermittlungsausschuss

Falls der Rat die Änderungen des Parlaments nicht akzeptiert, wird ein Vermittlungsausschuss eingesetzt. Diesem gehören Mitglieder des Rates oder ihre Vertreter/innen und dieselbe Anzahl Vertreter/innen des Europäischen Parlaments an. Der Vermittlungsausschuss hat den Auftrag, innerhalb von 21 Tagen einen gemeinsamen Text vorzulegen. Schlägt das Vermittlungsverfahren fehl, muss die Kommission einen neuen Entwurf für den Haushaltsplan vorlegen.

Hat sich der Vermittlungsausschuss Anfang November auf einen gemeinsamen Text geeinigt, so haben der Rat und das Parlament 14 Tage Zeit, um den Text anzunehmen oder abzulehnen. Das Parlament kann den Haushalt annehmen, auch wenn der Rat den gemeinsamen Text ablehnt. Dazu ist jedoch eine bestimmte Mehrheit erforderlich: die Mehrheit der dem Parlament angehörenden Mitglieder und drei Fünftel der abgegebenen Stimmen. Sollten sowohl der Rat als auch das Parlament den gemeinsamen Text ablehnen oder zu keinem Beschluss gelangen, gilt der Haushalt als abgelehnt, und die Kommission muss einen neuen Entwurf vorlegen.

Ist der Haushalt zu Beginn eines Haushaltsjahres noch nicht endgültig verabschiedet worden, können monatliche Ausgaben in Höhe von höchstens einem Zwölftel der im abgelaufenen Haushaltsplan bereitgestellten Mittel vorgenommen werden (System der vorläufigen Zwölftel).

Änderung des Haushaltsplans nach Annahme

Die Kommission kann im Jahresverlauf die Änderung des Haushaltsplans für das laufende Jahr vorschlagen.

Die Änderungsvorschläge können sich auf politische, wirtschaftliche oder administrative Notwendigkeiten beziehen, die zum Zeitpunkt der Erstellung und Annahme des Haushaltsplans nicht vorhersehbar waren.

Aufgrund von Informationen, die zum Zeitpunkt der Erstellung des Haushaltsentwurfs nicht vorlagen, kann die Kommission auch – aus eigener Initiative oder auf Antrag der anderen Organe, die über einen eigenen Einzelplan verfügen – ein Berichtigungsschreiben zum Haushaltsentwurf für das folgende Jahr vorlegen.

Für Berichtigungshaushaltspläne und Berichtigungsschreiben gelten dieselben Verfahrensregeln wie für den Gesamthaushaltsplan.