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Document 52021XC0125(01)

Bekanntmachung der Kommission — Anwendung des Besitzstands der Union im Arzneimittelbereich auf Märkten, die in der Vergangenheit von der Arzneimittelversorgung aus oder über Großbritannien abhängig waren, nach Ablauf des Übergangszeitraums 2021/C 27/08

C/2021/450

ABl. C 27 vom 25.1.2021, p. 11–16 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

25.1.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 27/11


Bekanntmachung der Kommission — Anwendung des Besitzstands der Union im Arzneimittelbereich auf Märkten, die in der Vergangenheit von der Arzneimittelversorgung aus oder über Großbritannien abhängig waren, nach Ablauf des Übergangszeitraums

(2021/C 27/08)

HAFTUNGSAUSSCHLUSS

Mit dem Leitfaden, der Gegenstand dieser Bekanntmachung ist, soll die Anwendung des Besitzstands der Union im Arzneimittelbereich auf Märkten, die in der Vergangenheit von der Arzneimittelversorgung aus oder über Großbritannien abhängig waren, nach Ablauf des Übergangszeitraums erleichtert werden, indem ausgeführt wird, wie die Kommission die einschlägigen Bestimmungen der Richtlinien 2001/82/EG, 2001/83/EG und 2001/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Delegierten Verordnung (EU) 2016/161 der Kommission in dieser konkreten Situation anwenden wird. Diese Bekanntmachung ist als Hilfestellung für Behörden und Wirtschaftsbeteiligte gedacht; zur verbindlichen Auslegung des Unionsrechts ist jedoch nur der Gerichtshof der Europäischen Union befugt.

(Dieser Wortlaut ersetzt den Wortlaut der Bekanntmachung C(2020) 9264, veröffentlicht im ABl. C 447 vom 23.12.2020, S. 10).

Seit dem 1. Februar 2020 ist das Vereinigte Königreich kein Mitgliedstaat der Europäischen Union mehr, sondern ein „Drittland“ (1). Im Austrittsabkommen (2) ist ein Übergangszeitraum vorgesehen, der am 31. Dezember 2020 endet. Bis zu diesem Zeitpunkt gilt das Unionsrecht in seiner Gesamtheit für das Vereinigte Königreich und im Vereinigten Königreich (3). Dies umfasst den Besitzstand der Union im Arzneimittelbereich, insbesondere die Richtlinie 2001/82/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (4), die Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (5), die Delegierte Verordnung (EU) 2016/161 der Kommission (6) und den Artikel 13 der Richtlinie 2001/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (7), die für diese Bekanntmachung von Bedeutung sind.

Nach Ablauf des Übergangszeitraums gilt das Unionsrecht nicht mehr für das Vereinigte Königreich. Wenn das Protokoll zu Irland und Nordirland („das IE/NI-Protokoll“) in Kraft tritt, finden jedoch einige Rechtsvorschriften der Union (einschließlich der oben genannten Rechtsvorschriften) sowie deren Durchführungs-, Änderungs- und Ersetzungsmaßnahmen gemäß Artikel 5 Absatz 4 und Anhang 2 Nummer 20 des IE/NI-Protokolls für das Vereinigte Königreich und im Vereinigten Königreich in Bezug auf Nordirland Anwendung.

Aus praktischer Sicht bedeutet dies insbesondere:

In Nordirland in Verkehr gebrachte Arzneimittel (die in den Anwendungsbereich der oben genannten Rechtsvorschriften fallen) müssen den rechtlichen Anforderungen des Unionsrechts entsprechen (vgl. Artikel 5 Absatz 4 des IE/NI-Protokolls in Verbindung mit Anhang 2 dieses Protokolls).

Für Arzneimittel muss eine gültige Genehmigung für das Inverkehrbringen (im Folgenden „Arzneimittelzulassung“ oder „Zulassung“) in der EU oder in Nordirland vorliegen, deren Inhaber seinen Sitz in der EU oder in Nordirland hat.

Der Handel mit Arzneimitteln aus Großbritannien nach Nordirland oder in die Union stellt eine Einfuhr im Sinne des anwendbaren Unionsrechts dar.

Der Handel mit Arzneimitteln aus der Union oder aus Nordirland in einen anderen Teil des Vereinigten Königreichs (Großbritannien) oder ein anderes Drittland stellt eine Ausfuhr im Sinne des anwendbaren Unionsrechts dar.

Von Behörden des Vereinigten Königreichs erteilte Zulassungen sind unter Unionsrecht grundsätzlich nicht gültig, können jedoch nur in Nordirland anerkannt werden, wenn sie im Einklang mit dem geltenden Unionsrecht (vgl. Artikel 7 Absatz 3 des IE/NI-Protokolls) angenommen wurden.

Alle Schritte bei der Versorgung mit Arzneimitteln, die in der Union durchgeführt werden müssen (z. B. Chargenfreigabe), um ein Inverkehrbringen von Arzneimitteln im Einklang mit dem Unionsrecht zu erlauben, müssen im (geografischen) Anwendungsbereich des Unionsrechts erfolgen, d. h. in der Union oder in Nordirland, und nur Maßnahmen, die in Drittländern durchgeführt werden dürfen, können in Großbritannien erfolgen.

Die Kommission und die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) haben seit 2017 aktiv alle einschlägigen Informationen verbreitet, um alle relevanten Interessenträger auf die Auswirkungen des Austritts des Vereinigten Königreichs aufmerksam zu machen und sie rechtzeitig vor dem Ende des Übergangszeitraums über die Notwendigkeit einer Anpassung zu informieren. Insbesondere wurden die erforderlichen Änderungen in Brexit-Bekanntmachungen erläutert, die zuletzt am 7. Mai 2020 zu klinischen Studien (8) und am 13. März 2020 zu Arzneimitteln (9) geändert und veröffentlicht wurden.

Einige Märkte, die in der Vergangenheit auf die Lieferung von Arzneimitteln aus oder über Großbritannien angewiesen waren (Zypern, Irland, Malta und Nordirland) (10), benötigen jedoch vielleicht noch einige Zeit, um die Lieferketten anzupassen und dem Ende des Übergangszeitraums Rechnung zu tragen. Vor diesem Hintergrund ist es von entscheidender Bedeutung, dass der Besitzstand der Union im Arzneimittelbereich auf eine Art und Weise umgesetzt und durchgesetzt wird, dass eine Arzneimittelknappheit verhindert und das im Unionsrecht vorgesehene hohe Gesundheitsschutzniveau gewährleistet wird.

Die Kommission hat die folgenden (nachstehend beschriebenen) Herausforderungen als die größten Schwierigkeiten für die oben genannten Märkte, die in der Vergangenheit von der Arzneimittelversorgung aus oder über Großbritannien abhängig waren, bei der Einhaltung des Besitzstands der Union im Arzneimittelbereich ermittelt:

1.

Fehlen von Wirtschaftsteilnehmern, die über eine Herstellungserlaubnis verfügen, die für die Einfuhr von Arzneimitteln aus Drittländern erforderlich ist;

2.

Schwierigkeiten bei der Durchführung von Qualitätsprüfungen („Chargenprüfungen“);

3.

Schwierigkeiten bei der Einhaltung der Bestimmungen der Richtlinie 2001/83/EG und der Delegierten Verordnung (EU) 2016/161 in Bezug auf die Anbringung und Überprüfung des individuellen Erkennungsmerkmals.

Die Kommission erkennt diese Herausforderungen und berücksichtigt die außergewöhnlichen Umstände der COVID-19-Pandemie; infolgedessen nimmt die Kommission zur Kenntnis, dass sowohl private als auch öffentliche Interessenträger in der Union und im Vereinigten Königreich mehr Zeit für den Übergang zu einer vollständigen Einhaltung des Besitzstands der Union im Arzneimittelbereich gefordert haben.

1.   Fehlen von Wirtschaftsteilnehmern, die über eine Herstellungserlaubnis verfügen, die für die Einfuhr von Arzneimitteln aus Drittländern erforderlich ist

A.   Human- und Tierarzneimittel

Gemäß Artikel 40 Absatz 3 der Richtlinie 2001/83/EG und Artikel 44 Absatz 3 der Richtlinie 2001/82/EG ist jeder Wirtschaftsteilnehmer, der Arzneimittel aus Drittländern im Einklang mit dem Unionsrecht (in der Union oder in Nordirland) in Verkehr bringt, ein Einführer im Sinne des Unionsrechts und muss daher über eine Herstellungserlaubnis verfügen, die gemäß Artikel 41 und 42 der Richtlinie 2001/83/EG für Humanarzneimittel und/oder Artikel 45 und 46 der Richtlinie 2001/82/EG für Tierarzneimittel von dem Mitgliedstaat ausgestellt wurde, in dem der Einführer niedergelassen ist, oder die im Fall von Einführern mit Sitz in Nordirland vom Vereinigten Königreich in Bezug auf Nordirland ausgestellt wurde. Die Voraussetzungen für eine solche Herstellungserlaubnis umfassen unter anderem die Verfügbarkeit einer sachkundigen Person in der Union oder in Nordirland, die Inspektion des Herstellers/Einführers und seine Einhaltung der guten Herstellungspraxis.

Gemäß Artikel 118 der Richtlinie 2001/83/EG und Artikel 84 Absatz 1 Buchstabe e der Richtlinie 2001/82/EG sind die zuständigen Behörden, die den Besitzstand der Union im Arzneimittelbereich anwenden, verpflichtet, die Zulassung eines Arzneimittels auszusetzen oder zu widerrufen bzw. zurückzunehmen, wenn der Inhaber dieser Zulassung nicht über eine gültige Herstellungserlaubnis verfügt oder eine der für den Erhalt einer solchen Herstellungserlaubnis erforderlichen Bedingungen nicht erfüllt.

Um den Wirtschaftsteilnehmern in diesen Märkten, die in der Vergangenheit von der Arzneimittelversorgung aus Großbritannien abhängig waren, zusätzliche Zeit dafür bereitzustellen, in den außergewöhnlichen Umständen einer weltweiten Pandemie die Anforderungen des Besitzstands der Union im Arzneimittelbereich vollständig zu erfüllen, könnten die zuständigen Behörden von Irland, Malta, Zypern und dem Vereinigten Königreich in Bezug auf Nordirland zwischen Januar 2021 und dem 31. Dezember 2021 die folgende Praxis anwenden.

In diesem Fall würden die zuständigen Behörden von Irland, Malta, Zypern und dem Vereinigten Königreich in Bezug auf Nordirland die Einfuhr von Arzneimitteln aus Großbritannien durch Großhändler gestatten, die nicht über eine Herstellungserlaubnis gemäß Artikel 40 der Richtlinie 2001/83/EG und Artikel 44 der Richtlinie 2001/82/EG verfügen; auch würden sie die Zulassungen dieser Arzneimittel nicht gemäß Artikel 118 der Richtlinie 2001/83/EG und Artikel 84 Absatz 1 Buchstabe e der Richtlinie 2001/82/EG aussetzen oder widerrufen bzw. zurücknehmen, sofern die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

Die aus oder über Großbritannien gelieferten und im Einklang mit dem Unionsrecht in Verkehr gebrachten (d. h. in die Union oder in Nordirland eingeführten) Arzneimittel wurden einer Qualitätsprüfung („Chargenprüfung“ (11)) unterzogen, entweder in der Union gemäß Artikel 51 Absatz 3 der Richtlinie 2001/83/EG für Humanarzneimittel und Artikel 44 Absatz 3 der Richtlinie 2001/82/EG für Tierarzneimittel oder in Großbritannien gemäß Artikel 20 Buchstabe b der Richtlinie 2001/83/EG für Humanarzneimittel und Artikel 24 Buchstabe b der Richtlinie 2001/82/EG für Tierarzneimittel (siehe Abschnitt 2 dieser Bekanntmachung).

Die aus oder über Großbritannien gelieferten und im Einklang mit dem Unionsrecht in Verkehr gebrachten (d. h. in die Union oder in Nordirland eingeführten) Arzneimittel wurden einer Chargenfreigabe durch eine sachkundige Person in der Union oder durch eine sachkundige Person im Vereinigten Königreich unterzogen, die gleichwertige Qualitätsstandards wie die im Unionsrecht festgelegten anwendet, sodass ein gleichwertiges Schutzniveau für die menschliche Gesundheit gewährleistet wird.

Der Wirtschaftsteilnehmer, der aus oder über Großbritannien gelieferte Arzneimittel im Einklang mit dem Unionsrecht (in der Union oder in Nordirland) in Verkehr bringt, verfügt über eine Großhandelsgenehmigung, die vor Ablauf des Übergangszeitraums gemäß Artikel 77 Absatz 1 der Richtlinie 2001/83/EG für Humanarzneimittel und/oder Artikel 65 Absatz 1 der Richtlinie 2001/82/EG für Tierarzneimittel ausgestellt wurde.

Die Zulassung des betreffenden Arzneimittels wurde auf der Grundlage des Unionsrechts und im Einklang damit von der zuständigen Behörde eines EU-Mitgliedstaats, von der Kommission oder — bei in Nordirland in Verkehr gebrachten Arzneimitteln – von der zuständigen Behörde des Vereinigten Königreichs erteilt.

Die aus oder über Großbritannien gelieferten Arzneimittel werden den Endverbrauchern in demselben in der Vergangenheit von der Arzneimittelversorgung aus Großbritannien abhängigen Markt zur Verfügung gestellt, in den sie auch eingeführt wurden, und sie werden nicht in anderen EU-Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt.

Die zuständigen Behörden von Irland, Malta, Zypern und dem Vereinigten Königreich in Bezug auf Nordirland würden in diesem Fall der Kommission auch monatlich über die Fortschritte der Großhändler, die Arzneimittel einführen, bei der Erfüllung der Bedingungen für den Erhalt einer Herstellungserlaubnis gemäß Artikel 41 der Richtlinie 2001/83/EG und Artikel 45 der Richtlinie 2001/82/EG Bericht erstatten, einschließlich des Abschlusses von Vertragsverhältnissen mit sachkundigen Personen in der Union durch diese Großhändler.

B.   Prüfpräparate

Gemäß Artikel 13 der Richtlinie 2001/20/EG setzt das Inverkehrbringen von Prüfpräparaten aus Drittländern im Einklang mit dem Unionsrecht ebenfalls voraus, dass der Einführer über eine Herstellungserlaubnis verfügt. Nach Ablauf des Übergangszeitraums gilt dies auch für die Lieferung von Prüfpräparaten aus oder über Großbritannien nach Zypern, Irland, Malta und Nordirland. Ähnlich wie bei den Anforderungen an Herstellungserlaubnisse gemäß Artikel 41 der Richtlinie 2001/83/EG und Artikel 44 der Richtlinie 2001/82/EG sieht auch Artikel 13 Absatz 2 der Richtlinie 2001/20/EG vor, dass der Inhaber dieser Herstellungserlaubnis ständig und ununterbrochen über mindestens eine sachkundige Person im Anwendungsbereich des Unionsrechts, d. h. in der Union oder in Nordirland, verfügt.

Um den Wirtschaftsteilnehmern in diesen Märkten, die in der Vergangenheit von der Arzneimittelversorgung aus Großbritannien abhängig waren, zusätzliche Zeit dafür bereitzustellen, in den außergewöhnlichen Umständen einer weltweiten Pandemie die Anforderungen des Besitzstands der Union im Arzneimittelbereich vollständig zu erfüllen, könnten die zuständigen Behörden von Irland, Malta, Zypern und dem Vereinigten Königreich in Bezug auf Nordirland zwischen Januar 2021 und dem 31. Dezember 2021 die folgende Praxis in Bezug auf Prüfpräparate anwenden.

In diesem Fall würden die zuständigen Behörden Irlands, Maltas, Zyperns und des Vereinigten Königreichs in Bezug auf Nordirland die Einfuhr von Prüfpräparaten aus Großbritannien durch Prüfstellen oder Sponsoren klinischer Prüfungen gestatten, die nicht Inhaber einer Herstellungsgenehmigung gemäß Artikel 13 der Richtlinie 2001/20/EG sind, sofern die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

Die aus oder über Großbritannien gelieferten und im Einklang mit dem Unionsrecht zur Verwendung zugelassenen (d. h. in die EU oder in Nordirland eingeführten) Arzneimittel wurden einer Chargenfreigabe unterzogen, entweder in der Union gemäß Artikel 13 Absatz 3 der Richtlinie 2001/20/EG oder in Großbritannien gemäß Artikel 13 Absatz 3 der Richtlinie 2001/20/EG.

Die aus oder über Großbritannien gelieferten Arzneimittel werden den Endverbrauchern in demselben in der Vergangenheit von der Arzneimittelversorgung aus Großbritannien abhängigen Markt zur Verfügung gestellt, in den sie auch eingeführt wurden, und sie werden nicht in anderen EU-Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt.

Die zuständigen Behörden von Irland, Malta, Zypern und dem Vereinigten Königreich in Bezug auf Nordirland würden in diesem Fall der Kommission auch monatlich über die Fortschritte der Wirtschaftsteilnehmer, die Prüfpräparate einführen, bei der Erfüllung der Bedingungen für den Erhalt einer Herstellungserlaubnis gemäß Artikel 13 der Richtlinie 2001/20/EG Bericht erstatten, einschließlich des Abschlusses von Vertragsverhältnissen mit sachkundigen Personen in der Union durch diese Wirtschaftsteilnehmer.

2.   Chargenprüfungen von Human- und Tierarzneimitteln

Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2001/83/EG und Artikel 55 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2001/82/EG müssen in die EU eingeführte Arzneimittel in der EU/im EWR einer Qualitätsprüfung („Chargenprüfung“) unterzogen werden. Die Anforderung eines Chargenfreigabeorts in der Union ist ein Grundpfeiler des Unionssystems zur Gewährleistung der Qualität von Arzneimitteln, die in der Union in Verkehr gebracht werden. In Bezug auf die Qualitätsprüfung kann es jedoch objektive Gründe außerhalb der Kontrolle der Inhaber der Arzneimittelzulassung geben, die die fristgerechte Übertragung der Durchführung solcher Prüftätigkeiten in die Union oder nach Nordirland bis zum Ablauf des Übergangszeitraums verhindert haben können.

In diesen Fällen sehen Artikel 20 Buchstabe b der Richtlinie 2001/83/EG und Artikel 24 Buchstabe b der Richtlinie 2001/82/EG vor, dass Einführer, die aus oder über Großbritannien gelieferte Arzneimittel in Zypern, Irland, Malta oder Nordirland in Verkehr bringen, oder Großhändler, die solche Arzneimittel auf diesen Märkten in Verkehr bringen, wie in Abschnitt 1 beschrieben, in begründeten Fällen bestimmte Kontrollen in Großbritannien durchführen lassen dürfen. Unter Berücksichtigung der in dieser Bekanntmachung beschriebenen außergewöhnlichen Umstände ist die Kommission der Auffassung, dass ein „begründeter Fall“ im Sinne von Artikel 20 Buchstabe b der Richtlinie 2001/83/EG und Artikel 24 Buchstabe b der Richtlinie 2001/82/EG vorliegt, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

Jede Charge des betreffenden Arzneimittels wird von einer sachkundigen Person an einem Ort in der EU oder von einer sachkundigen Person an einem Ort im Vereinigten Königreich freigegeben, die Qualitätsstandards anwendet, welche den im Unionsrecht festgelegten gleichwertig sind, und so ein gleichwertiges Schutzniveau für die Gesundheit von Mensch und Tier in Fällen gewährleistet, die unter Abschnitt 1 fallen.

Die von dem Dritten benannte Einrichtung, die die Qualitätsprüfung durchführt, wird von einer zuständigen Behörde beaufsichtigt, einschließlich Vor-Ort-Kontrollen. Es werden nachweisbare Fortschritte bei der Übertragung des Ortes der Qualitätsprüfung in die Union oder nach Nordirland demonstriert. Insbesondere sollte der Ort für die Chargenprüfung innerhalb von zwölf Monaten nach Ablauf des Übergangszeitraums, d. h. spätestens bis zum 31. Dezember 2021 etabliert sein.

Um von der Ausnahmeregelung gemäß Artikel 20 Buchstabe b der Richtlinie 2001/83/EG für Humanarzneimittel und Artikel 24 Buchstabe b der Richtlinie 2001/82/EG für Tierarzneimittel Gebrauch zu machen, sollten die Inhaber einer Arzneimittelzulassung der zuständigen Behörde, die die Zulassung für das betreffende Arzneimittel erteilt hat (Zypern, Irland, Malta oder Nordirland), mitteilen, dass — und warum ihrer Ansicht nach — die oben genannten Kriterien für einen „begründeten Fall“ im Sinne von Artikel 20 Buchstabe b der Richtlinie 2001/83/EG und Artikel 24 Buchstabe b der Richtlinie 2001/82/EG erfüllt sind. Die zuständige Behörde für Human- und Tierarzneimittel, die in Nordirland in Verkehr gebracht werden sollen, ist die MHRA beziehungsweise die VMD. Bei zentral zugelassenen Arzneimitteln sollten sich die Unternehmen an die Europäische Arzneimittel-Agentur wenden.

Eine solche Mitteilung sollte unverzüglich übermittelt werden und möglichst bald nach Ablauf des Übergangszeitraums — in keinem Fall später als zum 30. Januar 2021 — bei der zuständigen Behörde eingehen.

3.   Anforderungen an die Anbringung des individuellen Erkennungsmerkmals für Humanarzneimittel

Da das IE/NI-Protokoll vorsieht, dass die Richtlinie 2001/83/EG in ihrer derzeitigen Fassung für das Vereinigte Königreich und im Vereinigten Königreich in Bezug auf Nordirland anwendbar ist, gelten die Sicherheitsmerkmale (d. h. die Vorrichtung gegen Manipulation und das individuelle Erkennungsmerkmal) gemäß Artikel 54 Buchstabe o und Artikel 54a Absatz 1 der Richtlinie 2001/83/EG auch für Arzneimittel, die in Nordirland in Verkehr gebracht werden. Unbeschadet der Anwendung dieser Unionsvorschrift auf das Vereinigte Königreich und im Vereinigten Königreich in Bezug auf Nordirland erfordert das Inverkehrbringen von Arzneimitteln in einem anderen Teil des Vereinigten Königreichs als Nordirland nicht die im Unionsrecht vorgesehene Verwendung dieser Sicherheitsmerkmale wie dem individuellen Erkennungsmerkmal.

Das bedeutet, dass ab dem 1. Januar 2021 für Großbritannien bestimmte Arzneimittelpackungen von für Zypern, Irland, Malta oder Nordirland bestimmten Packungen getrennt werden sollten — selbst wenn die Lieferroute durch Großbritannien verläuft. Wie bei allen Arzneimitteln, die in der Union in Verkehr gebracht werden, müssen die Informationen der für Zypern, Irland, Malta und Nordirland bestimmten Packungen in den europäischen Hub oder die Datenspeicher- und -abrufsysteme der jeweiligen Hoheitsgebiete hochgeladen werden, nicht aber die Informationen der Packungen mit Endbestimmungsort in einem anderen Teil des Vereinigten Königreichs als Nordirland (Großbritannien).

Was Packungen betrifft, die aus der Union in ein Drittland wie das Vereinigte Königreich ausgeführt werden, so ist der Wirtschaftsteilnehmer, der die Arzneimittel ausführt, gemäß Artikel 22 der Delegierten Verordnung (EU) 2016/161 verpflichtet, vor der Ausfuhr alle individuellen Erkennungsmerkmale, die möglicherweise bereits an der Verpackung angebracht wurden, zu deaktivieren.

Wenn Arzneimittel über Großbritannien nach Zypern, Irland, Malta oder Nordirland geliefert werden, wäre es grundsätzlich Sache des Einführers, der Inhaber einer Arzneimittelzulassung ist, ein neues individuelles Erkennungsmerkmal an den betreffenden Arzneimitteln anzubringen, wenn sie in Verkehr gebracht werden (vgl. Artikel 4 der Delegierten Verordnung (EU) 2016/161). Es gibt allerdings derzeit keine Einführer mit Sitz in Zypern, Irland, Malta und Nordirland, die Inhaber einer Arzneimittelzulassung sind und die in der Lage sind, der Verpflichtung zur Anbringung eines neuen individuellen Erkennungsmerkmals gemäß dem Unionsrecht ab dem 1. Januar 2021 nachzukommen, sodass die Einhaltung praktisch unmöglich wäre. Gleichzeitig muss verhindert werden, dass Arzneimittel ohne Sicherheitsmerkmale auf den Unionsmarkt gelangen können, um ein hohes Gesundheitsschutzniveau zu gewährleisten und das Vorkommen gefälschter Arzneimittel in der Union zu verhindern.

Daher beabsichtigt die Kommission, Artikel 22 der Delegierten Verordnung (EU) 2016/161 zu ändern, um dieser Situation Rechnung zu tragen.

Die Wirtschaftsteilnehmer, die für die Ausfuhr von Arzneimitteln aus der Union nach Großbritannien zuständig sind (die in der Union in Verkehr gebracht werden, nach Großbritannien ausgeführt und anschließend nach Zypern, Irland, Malta oder Nordirland eingeführt werden), wären dann nicht mehr verpflichtet, das individuelle Erkennungsmerkmal gemäß Artikel 22 der Delegierten Verordnung (EU) 2016/161 zu deaktivieren.

Nach diesem Ansatz würden die zuständigen Behörden von Irland, Malta, Zypern und dem Vereinigten Königreich in Bezug auf Nordirland die Einfuhr von Arzneimitteln aus Großbritannien gestatten, die mit nicht deaktivierten individuellen Erkennungsmerkmalen versehen sind, sofern die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

Der Großhändler oder der Inhaber der Arzneimittelzulassung, der seinen Sitz in der Union hat und für die Ausfuhr des Arzneimittels in das Vereinigte Königreich verantwortlich ist, hat das individuelle Erkennungsmerkmal anhand des europäischen oder nationalen Datenspeicher- und -abrufsystems überprüft.

Der Großhändler, der das Arzneimittel in Nordirland, Irland, Zypern oder Malta einführt, hat das individuelle Erkennungsmerkmal anhand des europäischen oder nationalen Datenspeicher- und -abrufsystems überprüft.

Die zuständigen Behörden von Irland, Malta, Zypern und dem Vereinigten Königreich in Bezug auf Nordirland würden in diesem Fall der Kommission auch monatlich über die Fortschritte Bericht erstatten, die die Großhändler, die Arzneimittel einführen, bei der Erfüllung der Verpflichtungen aus der Richtlinie 2001/83/EG und der Delegierten Verordnung (EU) 2016/161 hinsichtlich der Anbringung des individuellen Erkennungsmerkmals erzielt haben.


(1)  Ein Drittland ist ein Land, das nicht Mitglied der EU ist.

(2)  Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft (ABl. L 29 vom 31.1.2020, S. 7) („Austrittsabkommen“).

(3)  Mit bestimmten Ausnahmen, die in Artikel 127 des Austrittsabkommens festgelegt sind, von denen jedoch keine im Zusammenhang mit dieser Bekanntmachung von Belang ist.

(4)  Richtlinie 2001/82/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Tierarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 1).

(5)  Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67).

(6)  Delegierte Verordnung (EU) 2016/161 der Kommission vom 2. Oktober 2015 zur Ergänzung der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates durch die Festlegung genauer Bestimmungen über die Sicherheitsmerkmale auf der Verpackung von Humanarzneimitteln (ABl. L 32 vom 9.2.2016, S. 1).

(7)  Richtlinie 2001/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. April 2001 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung der guten klinischen Praxis bei der Durchführung von klinischen Prüfungen mit Humanarzneimitteln (ABl. L 121 vom 1.5.2001, S. 34).

(8)  https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/brexit_files/info_site/clinical-trials_en.pdf

(9)  https://www.ema.europa.eu/en/documents/regulatory-procedural-guideline/notice-stakeholders-withdrawal-united-kingdom-eu-rules-medicinal-products-human-use-veterinary_en.pdf

(10)  Diese Mitgliedstaaten werden in dieser Bekanntmachung besonders hervorgehoben, da sie in der Vergangenheit bei der Versorgung mit Arzneimitteln vom britischen Markt abhängig waren und ein großer Teil ihrer Einfuhren von Arzneimitteln aus dem Vereinigten Königreich stammt.

(11)  Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2001/83/EG und Artikel 55 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2001/82/EG müssen in die EU eingeführte Arzneimittel in der EU/im EWR einer Qualitätsprüfung („Chargenprüfung“) unterzogen werden. Diese Bestimmungen sehen vor, dass bei aus Drittländern eingeführten Arzneimitteln unabhängig davon, ob sie in der Union hergestellt wurden, jede Arzneimittelcharge in einem Mitgliedstaat einer vollständigen qualitativen Analyse, einer quantitativen Analyse zumindest aller Wirkstoffe und sämtlichen sonstigen Versuchen oder Prüfungen unterzogen wurde, die erforderlich sind, um die Qualität der Arzneimittel entsprechend den der Arzneimittelzulassung zugrunde gelegten Anforderungen zu gewährleisten.


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